Gigantisch, wenn auch nicht ausreichend

12. Januar 2011

In Ken Folletts neuem Monumentalwerk werden die Jahre vor, während und nach dem ersten Weltkrieg anhand mehrerer Familien unterschiedlicher Nationalität erzählt, deren Wege sich immer wieder kreuzen.
Da gibt es die einfache Bergarbeiter Englands, die unter dem Joch des englischen Adels leiden, und das Leiden einer russichen Arbeiterfamilie, die zum einen von Amerika träumt und sich in der Revolution unter Lenin endlich Freiheit und eine bessere Welt erhofft. Und während Deutschland sich zunächst territoriale Gewinne in einem Krieg ausrechnet, der in ihren Augen leicht zu gewinnen ist, muss es schließlich eine bittere Niederlage hinnehmen, die zu einem Friedensvertrag führt, der nur in einem Münden kann – einem weiteren Krieg. Amerikas Rolle als Weltenpolizei kommt erstmals im ersten Weltkrieg und den darauffolgenden Friedensverhandlungen zum Zug, während sich die politische Landkarte Europas frappant verändert.

Mit dem Sturz der Titanen meint der Autor wohl die Großmächte jener Zeit, die allesamt vom Adel geführt wurden. Russlangs Zar wird ebenso gestürzt, wie Deutschlands Kaiser und auch in anderen Ländern macht das Proletariat mobil. Gekonnt verbindet der Autor die Geschichte Europas zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Geschichten der Familien, die im Kleinen das selbe durchleben, wie es im Großen ein ganzer Kontinent tut. Es ist ein Rad, das sich ständig dreht und dabei nur einen sehr kleinen Teil dieser prägenden Epoche aufzeigt. Nach über 1.000 Seiten ist klar, dass das Schlimmste erst noch bevor steht …

Der Text auf der Rückseite des Buches ist ein wenig irreführend. Wenn da geschrieben steht, dass der Autor „ein gewaltiges Panorama einer ganzen Epoche entwirft, deren Dramatik alles Vorangegange in den Schatten stellt“ so könnte man glauben, dass hier von BEIDEN Weltkriegen die Rede ist. Jedoch behandelt diese Saga zwar „Drei Länder, Drei Familien“, nicht aber „ein Jahrhundert“ – es geht lediglich um die Jahre 1911 – 1924! Fast hat man am Ende sogar den Eindruck, dass es der Auto eilig hatte zum Schluss zu kommen. Die Verhaftung Hitlers in einem Münchner Bierkeller, nach dem gescheiterte Putschversuch wird gerade mal ein einem Absatz erwähnt.
Hätte der Autor weiter vorne ein wenig mit den Details gespart, hätte er am Ende noch mehr die drohende Gefahr des Nationalsozialismus skizzieren können und DANN wäre es tatsächlich ein Buch über ein Jahrhundert geworden!

So wird das Buch all jenen gefallen, die zum einen dicke Schmöcker mögen (über 1.000 Seiten). Es wird auch jenen gefallen, die Familiengeschichten und deren Verwirrungen mögen, vor allem dann, wenn sich die Wege der Protagonisten immer wieder auf wundersame Weise kreuzen. Jene, die sich jedoch ein Buch über ein ganzes Jahrhundert erhofft haben, werden wohl enttäuscht sein.

Sturz der Titanen
von Ken Follett, ISBN: 978-3785724064

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