Das Leben taucht jeden von uns in Licht und Schatten. Tage der Freude kommen und gehen ebenso wie Tage der Trauer und des Verlustes. Und doch verharren wir in den „dunklen Tagen“ oftmals länger als gut ist und manchmal kommt uns die Sinnfrage, die letztendlich durch den Nebel eines Verlustes oder eines Schmerzes nicht mehr beantwortet werden kann. Die Logotherapie nach Viktor Frankl beschäftigt sich mit der Sinnbefragung – gerade in schwierigen Zeiten. Kann eine Krise, eine Krankheit oder ein Schmerz nämlich in einen begreifbaren Sinnzusammenhang gestellt werden, wird das Leben erträglicher. Mehr noch: der Mensch kann daraus gestärkt hervor gehen! Im vorliegenden Band geht es verstärkt um die Verbindlichkeiten und ihre Bedeutung für die seelische Gesundheit. Gemeint sind damit die Bindung an einen Ort (die Sehnsucht des Menschen nach Heimat), die Bindung an ein Vorhaben (weg vom Daseinsprovisorium hin zu etwas, das dem Leben Sinn gibt) sowie die Bindung an eine Person (das was wir Liebe nennen). Jede Bindung, die man eingeht birgt die Möglichkeit in sich, etwas zu verlieren. Diese Vergänglichkeit ist allgegenwärtig und es bedarf schon öfter im Leben einer Korrektur der Einstellung zu einer Sache, einer Person, um daran nicht zu zerbrechen. Frankl hat dazu die…
In Ken Folletts neuem Monumentalwerk werden die Jahre vor, während und nach dem ersten Weltkrieg anhand mehrerer Familien unterschiedlicher Nationalität erzählt, deren Wege sich immer wieder kreuzen. Da gibt es die einfache Bergarbeiter Englands, die unter dem Joch des englischen Adels leiden, und das Leiden einer russichen Arbeiterfamilie, die zum einen von Amerika träumt und sich in der Revolution unter Lenin endlich Freiheit und eine bessere Welt erhofft. Und während Deutschland sich zunächst territoriale Gewinne in einem Krieg ausrechnet, der in ihren Augen leicht zu gewinnen ist, muss es schließlich eine bittere Niederlage hinnehmen, die zu einem Friedensvertrag führt, der nur in einem Münden kann – einem weiteren Krieg. Amerikas Rolle als Weltenpolizei kommt erstmals im ersten Weltkrieg und den darauffolgenden Friedensverhandlungen zum Zug, während sich die politische Landkarte Europas frappant verändert. Mit dem Sturz der Titanen meint der Autor wohl die Großmächte jener Zeit, die allesamt vom Adel geführt wurden. Russlangs Zar wird ebenso gestürzt, wie Deutschlands Kaiser und auch in anderen Ländern macht das Proletariat mobil. Gekonnt verbindet der Autor die Geschichte Europas zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Geschichten der Familien, die im Kleinen das selbe durchleben, wie es im Großen ein ganzer Kontinent tut. Es…
… so – stellt sich Firmin die Ratte vor – muss ein Roman beginnen. Dass Firmin überhaupt zu solch einem Gedanken fähig ist, liegt an der Tatsache, dass er Bücher buchstäblich „verschlungen“ hat. Aufgewachsen im Keller einer Buchhandlung waren Bücher Zeit seines Leben Mittel zum Überleben. Zunächst als Futter und Nistplatz, später als Bereicherung für seinen Intellekt, von dem sich mancher Mensch ein Stückchen abschneiden könnte. Das Buch erzählt von einem Stadtviertel in Boston, dass dem Abriss geweiht ist. Mitten drin in diesem Viertel wächst Firmin auf und mit ihm stirbt dieser Stadtteil auch. Seine Liebe zu den Menschen bekommt ihm nicht immer gut – mehr als einmal entgeht er knapp dem Tod. Und doch ist sein Leben rührend, man könnte sagen melancholisch, zeitweise von seiner eigenen Fantasie überlagert, immer ein bisschen zum Schmunzeln – obwohl man gleichzeitig losweinen möchte. Das Buch ist für Menschen, die Tieren menschliche Züge zutrauen, die glauben, dass Tiere Gefühle haben, Träume und Charakter. Es ist ein wunderbares Buch für die Wintertage und durch seine überaus interessante Aufmachung (hat hier eine Ratte das Buch angeknabbert?) auch ein nettes Geschenk für Buchliebhaber. Firmin – ein Rattenleben von Sam Savage, ISBN: 978-3550087424
Es gibt unzählige Managerbücher. Und es gibt Tom Peters. Er unterscheidet sich von allen anderen durch ein markantes Merkmal. Er ist erfrischend chaotisch. Er schreibt so, wie wir denken, nämlich kreuz und quer. Von diesem und von jenem, er schweift ab und dann umso konkreter auf den Punkt zu kommen. Wie schon im „Innovationskreis“ bestechen seine Bücher zudem durch ein ganz und gar anderes Layout. Man liest nicht linear sondern in alle Richtungen, folgt den Pfeilchen, lässt das Auge über überdimensionierte Lettern gleiten, bleibt an provokanten Fragen oder Aussagen hängen, kurz: wer wirklich etwas Neues versuche möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Re-Imagine von Tom Peters, ISBN: 978-3-89749726-9
Dick Harrison hat die Bibel gelesen und sich 4 Personen herausgesucht, die über die Jahretausende ein interessante und spannende Wandlung durchgemacht haben. Warum ist der Begriff Judas derart mit der Sünde verbunden? Warum glauben die Menschen das Joseph von Arimathäa der 1. Gralshüter sei? Was hat es mit dem Gerücht auf sich, dass Maria Magdalena die Ehefrau Jesu‘ war? Und waschen Entscheidungsträger immer ihre Hände in Unschuld wie einst Pontius Pilatus? Die Bibelgeschichte und ihre Folgen auf diese Art zu lesen ist spannend, unterhaltsam und regt zum Nachdenken an. Es zeigt auch, welches Bedürfniss nach Erklärung bzw. Mystik die Menschen – insbesondere im Mittelalter – hatten. Unweigerlich schlägt man nach Beendigung des Buches in diversen Lexika nach bzw. beginnt man im Internet zu recherchieren – kann es denn sein, dass das wirklich so war? … Das Buch wird jene interessieren, die sich nicht vorbehaltlos an die Bibel gebunden fühlen, sondern ein bisschen mehr wissen wollen. Es wird vor allem auch jene interessieren, die sich für die Gralsgeschichte und König Artus begeistern können. Verräter, Hure, Gralshüter von Dick Harrison, ISBN: 978-3491725157
T.S. Spivet ist 12 Jahre alt und könnte wohl als Wunderkind bezeichnet werden. Er kartografiert seine Umwelt – sei es Mensch, Tier oder Landschaft und analysiert auf diese Weise Dinge wie „das Geräusch, das Stille macht“, „nervöse Handbewegungen“, „das echte und unechte Lächeln“ oder eben den Aufbau eines Käfers, eines Blattes, der Kontinentalplatten Nordamerikas, eines Straßennetzes usw. Die Art, wie er die Dinge sieht ist einzigartig und genauso ist auch dieses Buch: ein seltenes Schmuckstück. Die Zeichnungen des Jungen begleiten uns durch das Buch in Form von Randnotizen und nicht selten gibt es dazu auch kleine Geschichten, die eingestreut werden. Alleine schon diese aufwendige Art ein Buch zu schreiben ist bemerkenswert. Darüber hinaus verbirgt sich in der Geschichte eine seltsame Tragik, die uns betroffen macht – ist T.S. etwa aus Versehen zum Mörder seines Bruders geworden, den er so unsäglich vermisst, dass sein Name an jeder Ecke auftaucht? Das Buch werden jene mögen, die außergewöhnliche Druckwerke schätzen. Die Geschichten mögen, die eben – gleich dem Leben – nicht immer spannend sind, die eine Reise durch die Landschaft und Geschichte von Amerika mögen und die natürlich Zeichnungen aller Art schätzen. Die Karte meiner Träume von Reif Larsen, ISBN: 978-3100448118
Eine schier unnahbare Person wird plötzlich menschlich. Die Queen entdeckt die Freuden des Lesens und vergisst darüber ihre Pflichten – mehr noch, sie werden ihr sogar lästig. Doch Vorsicht! Nicht umsonst sitzt ihre Majestät schon so viele Jahrzehnte am Thron und so ist es denn nicht verwunderlich, dass sie sich gegen jene, die ihr das Lesen vergällen wollen zu verteidigen weiß. Köstliches kleines Büchlein mit sehr viel Tiefgang. Die souveräne Leserin von Alan Bennett, ISBN: 978-3-80311254-5
Der Miniaturbuchverlag Leipzig ist berühmt dafür, kleinste Bücher in höchster Qualität herzustellen. Vom Kunstledereinband über den geprägten Titel bis zum Kartonschuber. Wenn man ein wenig büchervernarrt ist, sind diese kleinen Wunderwerke ein schöner Zierrat inmitten der großen Bücher im Regal, ABER: man muss eben wissen, dass dieses Buch ein Miniaturbuch ist! Und hier kann man sich schon ein bisschen geneppt vorkommen, wenn man das Buch um 21,- Euro bestellt und dann ein Stück gedrucktes Papier im Format 5 x 6 cm in Händen hält! Rein inhaltlich ist das Buch hingegen brilliant. Es enstand zwischen 1881 und 1906 in Form von Kurzbeiträgen in Zeitungen und wurde erst 1911 als Devils Dictionary veröffentlicht. Als sprachlicher Schärfe lässt es wirklich nicht zu wünschen übrig. Zum Beispiel: Kochkunst: Im Haushalt übliche Kunst und Praxis, jenes ungenießbar zu machen, was bereits unverdaulich war. Glück: angenehmes Gefühl; erblüht aus der Betrachtung fremden Elends. Vormittag: letzter Teil der Nacht Das Buch wird jenen gefallen, die ein bisschen Zynismus als Lebensbereicherung ansehen und die manchmal bitterbösen Erläuterungen einfach mit einem Lachen quittieren – schließlich hat das Buch ja der Teufel geschrieben! Für Sammler skuriller Kleinode ist es nettes Geschenk! Des Teufels Wörterbuch von Ambrose Bierce, ISBN: 978-3861840497
Seit Grace als Kind von Wölfen in den Wald gezerrt wurde, verbindet sie eine seltsame Liebe zu einem der Tiere – dem Wolf mit den gelben Augen. Jahr für Jahr, wenn der Winter zurückkehrt, kommen auch die Wölfe wieder und mit ihnen Grace‘ Wolf. Sie weiß schon, wenn er das ist, bevor sie ihn sieht, kann seine Gegenwart riechen. Als eines Tages eine Treibjagd auf die Wölfe beginnt wird ihr Wolf angeschossen und rettet sich mit letzter Kraft auf die Veranda ihres Hauses – wo er sich in Sam verwandelt … Sam und Grace – eine Liebesgeschichte wie Romeo und Julia, so hingebungsvoll – und genauso tragisch, denn Sam’s Zeit als Mensch ist fast abgelaufen, dies ist sein letzter Sommer in menschlicher Gestalt… Der Autorin ist mit diesem Buch ein ganz besonderes Werk gelungen. Nicht nur, dass die Geschichte sehr faszinierend ist, im Mittelpunkt steht die Liebe der beiden Hauptfiguren Sam und Grace und ihr verzweifelter Versuch diese in menschlicher Gestalt auch leben zu können. Es geht in keiner Sekunde um irgendwelche Machtkämpfe Gut gegen Böse (wie es oft in den typischen Vampirromanen der Fall ist). Die Autorin stellt die Liebesgeschichte, die so zart und einfühlsam ist wie ein Gedicht…
Das Buch ist kein Lesebuch im klassischen Sinn. Es ist vielmehr eine Hommage. Ein Loblied auf das gedruckte Werk, das Jahrhunderte überdauert hat und man dem man sich – als Jäger und Sammler – wahrlich ein ganzes Leben lang beschäftigen kann. Umberto Ecos Bibliothek führt 30.000 Exemplare und kann ohne Zweifel als eine unglaubliche Sammlung einer Privatperson angesehen werden. Mit diesem Buch gibt der Autor zum Einen Einblicke in seine Sammlung. Das mag mitunter sperrig sein, ja für manche sogar langweilig, aber es zeugt von Schätzen der menschlichen Kultur, Sprache und Verwirrungen. Es ist ein subtiles Gefühl, das einem beschleicht – nämlich die Gewissheit, dass Umberto Eco ein sehr gebildeter Mensch ist und dass die menschliches Zivilisation zeit ihrer Existenz versucht hat in irgendeiner Form weiterzuleben. Sei es durch – wie Eco es nennt – steinerne Enziklopädien (Bauwerke wie die Pyramiden oder Kathedralen) oder sei es durch das gedruckte Wort. Wie sich die Zukunft in Zeiten des Internet entwickeln wird, wagt der Autor nur vorsichtig zu prognostizieren, aber er beschreibt in einem Text die Gefühle, die ein E-Book-Reader haben muss, der anstatt einer Seele, viele Seelen in sich trägt. Das Buch wird jenen gefallen, die sich eine Bibliothek einrichten wollen,…