Schrecklich ist vor allem, was wir nicht begreifen

1. März 2011

August Geiger hat Alzheimer. Die heimtückische Krankheit wird von seinen Kindern, darunter auch dem Autor Arno Geiger, erst spät erkannt. Zuvor werden die seltsamen Anwandlungen einfach nur als Alterssturheit abgetan. Traurig und entsetzt über diese Fehleinschätzung beginnt Arno Geiger das Leben seines Vaters von nun an mit anderen Augen zu sehen, seine „Aussetzer“ als solche zu erkennen und mit ihnen zu leben. Er schildert den Alltag mit einem dementen Menschen, die Probleme mit der Verwirrtheit und der damit einhergehenden Verunsicherung, sowie die Ängste des Vaters, der mehr und mehr in eine andere Welt abdriftet. Und genau an dieser Stelle erkennt der Sohn, dass er dem Vater folgen muss, wenn er ihn nicht verlieren will.
So entstehen Dialoge die Tragik und Komik in sich vereinen, die einen traurig machen und gleichzeitig lachen lassen, die einem den Spiegel vorhalten und die Frage: „Könntest du auch so reagieren oder würdest du einfach ausflippen?“

Arno Geigers Buch ist ein stilles Werk, und doch von einer imposanten Kraft durchflutet. Von der Macht des Lebens, das noch lange nicht zu Ende ist, nur weil der Geist nicht mehr ganz folgen kann.

„Das einzige, was uns angesichts dieser Niederlage, die man Leben nennt, bleibt, ist der Versuch es zu verstehen.“ Dieses Zitat von Milan Kundera findet sich gleich zu Beginn des Buches und scheint der Motor für das Unterfangen gewesen zu sein, dem verwirrten Leben seines Vaters den Sinn abzuringen. Und so entsteht eine einfühlsame Vater-Sohn-Geschichte, die letzten Endes dazu führt, dass sich zwei Menschen aufgrund einer Krankheit die für Befremdung sorgt wiederfinden, wo sie einander unter normalen Umständen möglicherweise fremd geworden wären.

Der alte König in seinem Exil
von Arno Geiger, ISBN: 978-3-446-23634-9

One Comment

  • Hilda 1. März 2011 at 12:06

    Wow, diese Buchbeschreibung hast du aber total schön geschrieben! Da bekommt man alleine schon wegen deiner ansprechenden Worte Lust das Buch zu lesen!

    Liebe Grüße
    Hilda