Es muss nicht geschminkt werden, es wirkt auch so.

1. Januar 2012

Erni Mangolds Leben ist voller Anekdoten und zahlreiche sind in dem Buch nachzulesen. Von Begegnungen mit bekannten Schauspielgrößen bis hin zu Begegnungen mit der „Obrigkeit“, der sie nicht gerade viel Respekt zollt. Sei es die Zeit der Nazis, die sie an sich vorbeiziehen sieht ohne größeren Schaden zu erleiden, oder die Zeit in den vielen Theatern in Wien bzw. Hamburg wo sie sich permanent gegen die Männer wehren muss, die – so scheint es – keinen Skrupel davor hatten, eine Frau in Bett zu kriegen, freiwillig oder unfreiwillig.
Interessant ist der Umstand ihres Namens „Mangold“ – der nichts anderes ist als eine Umkehrungs ihres richtigen Namens Goldmann. Die Begründung dafür: es gab zu ihrer Zeit zu viele Nachnamen die auf -mann endeten!
Was mich an dem Buch gestört hat, ist die Struktur, die zwangsläufig zu Wiederholungen führt. So liest man mehrmals über das unfreiwillige Leben als „Sexerl“ und die Abwehrversuche, ebenso über Begegnungen mit dem Intendanten Gustav Gründgens. Dafür bleiben manch andere Begegnungen eher knapp gehalten, wo man sich als Leser vielleicht mehr Information gewünscht hätte.
An manchen Stellen im Buch habe ich eine detailiertere persönliche Meinung zum Weltgeschehen (auch wenn sich der Begriff „grauslich“ mehrfach wiederholt) und die Entstehung von Lebenseinstellungen vermisst, die erst gegen Ende des Buches (im reiferen Alter) offenbar werden. So steht geschrieben:
„Am Ende deines Lebens ist es ein gutes Gefühl, dich zurückziehen zu können, an einen Ort, den du dir selber geschaffen hast.“
Wenn das ein Mensch sagt, der sein ganzes Leben auf der Bühne stand und Menschen um sich hatte, so finde ich das eine schöne Erkenntnis, die einen Wert hat.
Das Buch ist sehr stark so geschrieben, wie Frau Mangold offenbar der Schnabel gewachsen ist: erdig, rauh, manchmal dadurch lustig zu lesen, manchmal stehen die Sätz da, als kämen sie von einem Schüleraufsatz. Hätte man das korrigieren müssen? Wenn ja, wäre dadurch der Charme des Buches vermutlich verloren gegangen – das wird wohl die Authentizität dieses Buches ausmachen!
Das Buch wird allen vorbehaltlos gefallen, die mit dem Theater bzw. der Schauspielerei zu tun haben, weil sich mit Sicherheit viele Parallelitäten feststellen lassen – auch nach all den Jahren! Es wird aber auch jenen gefallen, die die Originalsprache eines Menschens wiedergegeben haben wollen und keine Interpretation des Aufzeichners. Unter diesem Aspekt ist das Buch mit Sicherheit gelungen!

Lassen Sie mich in Ruhe
von Erni Mangold, ISBN: 978-3-85002766-3

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