Eine gute Begegnung ist manchmal auch eine Frage der Zeit
Für die Seele / 3. Mai 2012

Als Junge erkennt der Ich-Erzähler des vorliegenden Romans, dass er eine seltene Gabe besitzt: wenn sich sein Schatten mit dem eines anderen Menschen überschneidet, kann er plötzlich in das Innerste dieser Person hineinschauen. Auf diese Weise erfährt er die Wahrheit hinter mancher rauhen Oberfläche, die Traurigkeit hinter mancher Kindheitserinnerung und die Sehnsucht hinter mancher Verschlossenheit. Jahre später – als erwachsener Mann – erinnert er sich an jene Zeit zurück, in der er als Schattendieb unfreiwillig in die Seelen der Menschen geblickt hat. Mittlerweile ist er angehender Arzt und Dank seiner Gabe gelingt es ihm auf wundersame Weise einen Jungen zu heilen. Doch er selbst läuft noch nach Jahren seinen eigenen Träumen hinterher … Marc Levys neuer Roman ist von einer Feinfühligkeit, wie sie nur selten anzutreffen ist. Eine wunderbare Geschichte, die niemals kitschig wirkt und einem ganz schnell das Herz öffnet. Bücher wie diese sind Schmuckstücke der Schriftstellerei, Kleinode der Schreibkunst und verdienen es in den höchsten Tönen gelobt zu werden. Marc Levys Buch ist, um beim Titel anzuschließen: „Eine gute Begegnung, für die es wieder einmal Zeit wurde“. Wer Schatten küsst von Marc Levy, ISBN: 978-3-76450430-4

Kratzt nur an der Oberfläche, ist keine echte Hilfe
Entbehrlich / 3. Mai 2012

Alles beginnt mit einem Brief von einem Großvater an seinen Enkel. Es ist dies die Zukunft, in der der alte Mann eingesteht, dass er in seinem Leben an einigen Punkten säumig war. Die Umwelt, das gesellschaftliche Zusammenleben, die Bildung, alles, was wir uns „von oben“ gefallen lassen – dies sind die Themen dieses Buches, die mit den einleitenden Worten des Bedauerns beginnen. Es folgt ein Stakkato an Informationen zu den unterschiedlichsten Themen, in denen es darum geht aufmerksamer zu sein, Widerstand zu leisten, vielleicht Nein zu sagen, sich zusammenzuschließen und Dinge zu ändern. Und doch gelingt es dem Buch nicht, mich zu fangen … Vielmehr hat es mich von der 1. Seite an geärgert. Das beginnt schon mal beim Titelbild, das ich für einen völligen Fehlgriff halte. Der Autor selbst spricht es auf den letzten Seiten an – man könnte meinen es geht um Missbrauch! Und da muss man sich doch fragen, warum bitte wird ein Bild gewählt, dass in die völlig falsche Richtung lenkt? Des weiteren springt Andreas Salcher vom Hundertsten ins Tausendste, bleibt nirgendwo wirklich lange stehen, kratzt alles an, geht aber nicht in die Tiefe. Wenn da mal was zu lesen ist, was ich nicht längst schon…