Zuneigung ist etwas, das im Verborgenen wächst
Für die Seele / 26. August 2012

Germain Chaze schnitzt Tiere, lebt in einem Wohnwagen im Garten seiner Mutter und zählt im Park die Tauben, denen er Namen gibt. Eines Tages begegnet er auf einer Parkbank Margueritte, einer alten zerbrechlichen Dame. Die beiden kommen ins Gespräch und bald schon entwickelt sich daraus eine wunderbare Freundschaft. Germain, der nicht lesen kann, hört Margueritte voller Faszination zu, wenn sie ihm aus einem Buch vorliest und ihm die Bedeutung der Wörter näher bringt. Als sie ihm schließlich ein Wörterbuch schenkt – mit den Worten, das sei ein wahres Labyrinth der Wörter – weiß Germain anfangs nichts damit anzufangen. Doch mit der Zeit entdeckt er den magischen Sog, der von Geschichten ausgeht. Vor allem dann, wenn man sie – dank des Wörterbuchs – zu verstehen beginnt! Und als Margueritte ihm eines Tages erklärt, dass sie bald nicht mehr vorlesen könne, weil sie erblindet, setzt Germain alles daran, des Lesen mächtig zu werden, um für die Dame, die er ins Herz geschlossen hat, das zu tun, was sie für ihn getan hat – vorzulesen. Der Roman von Marie-Sabine Roger ist unspektakulär und dennoch spannend. Er ist leise und dennoch hallen die Wörter im Kopf nach. Er ist zart und dennoch von einer…