Das Digitale ist und bleibt eine Simulation – das echte Leben findet analog statt

9. Juli 2017
Viele werden gleich sagen, dass da schon wieder einer dem Digitalen den Schwarzen Peter zuschiebt, oder einfach nicht mit der Zeit gehen will. Aber genauso viele werden zustimmend nicken und feststellen: was David Sax in seinem vorliegen Buch „Die Rache des Analogen“ schreibt, ist wahr – und real. So skizziert der Autor den Niedergang der Musikbranche, als zunächst Vinyl und Audiokassetten und zugute rletzt auch noch CD obsolet wurden, weil die Musik plötzlich überall konsumierbar geworden war. Er beschreibt – und das Gefühl kenne ich nur allzu gut – den Verlust von echtem Hörvergnügen, dem eine Vorfreude vorausging, als man die Schallplatte zunächst im Geschäft anhörte, dann nach Hause tragen musste und schließlich auf den Plattenspieler legte, um sich im satten Klang eingehend mit dem Plattencover und -inlay zu beschäftigen, das immer ein Kunstwerk war. Er erzählt uns auch die Geschichte von analoger Fotografie, die einen neuen Weg findet in Kameras, die bewusst nicht perfekt sind, sonder eben das reale Leben widerspiegeln. Ebenso die Geschichte des berühmtesten Notizbuchs der Welt – Moleskine, oder jene einer Uhrenmanufaktur, die ausgerechnet vom darniederliegenden Detroit aus die Welt erobert. Auch die Tatsache, dass Brettspiele sich erstarkter Beliebtheit erfreuen und Spiele-Cafes aus dem Boden schießen, wo man sich zum Brettspiel mit Freunden an einen Tisch setzt, anstatt zuhause alleine mit einem Kopfhörer vor dem flimmernden Bildschirm zu sitzen, ohne Ansprache, ohne Gelächter, ohne freundschaftliches Gespräch. Das und vieles mehr zeigt uns, dass das Analoge zwar gerne totgeredet wird (wie schon die Bücher), dass es aber nicht tot zu kriegen ist. Und wenn selbst im Silikon Valley in den Hochburgen der digitalen Technologie, die Büroräume aussehen als wären sie Kinderzimmer, vollgestopft sind mit analogem Tand und Meditationen ganz ohne Handyanschluss zum täglichen Fixpunkt gehören, dann wissen wir, dass das Digitale in mancher Hinsicht dienlich ist, einiges erleichtert, aber niemals das ersetzen kann, was uns zu Menschen macht: das reale Leben.
„Niemand ist für die Rückkehr zum vordigitalen Leben von früher. Niemand schmeisst sein Telefon in den See oder lebt gänzlich ohne Internet. Eine rein analoge Existenz ist ebenso unerreichbar und unattraktiv wie das rein digitale Pendant. Ideal wäre ein Gleichgewicht zwischen beiden Polen. Ein sich ergänzen ohne das andere für obsolet zu erklären, oder zu verfluchen“, sagt David Sax abschließend in seinem Buch, dass ich für mehr als lesenwert halte.

Die Rache des Analogen
von David Sax, ISBN 9783701734078

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