Die Dinge sind oft schlecht und besser zugleich

2. März 2019
Wer kennt das nicht: wir reden von der Schere zwischen Arm und Reich, geben allem Möglichen die Schuld an der Klimaveränderung, sind uns sicher, dass die Weltbevölkerung exponentiell ansteigen wird, und vieles mehr. Mit Fakten hat das denkbar wenig zu tun.
Vielmehr kommen hier Instinkte zum Tragen, mit denen wir die Welt in der Kurzfassung verstehen wollen. Doch so einfach ist es eben nicht. Hans Rosling (leider 2018 verstorben) hat es sich zum Lebensziel gemacht, den Behauptungen Fakten entgegenzustellen. Und wenn er solchen Faktenchecks als Fragen in seine Vorträge einbaut, kommt immer das gleiche raus: die Menschen liegen frappant daneben – so sehr, dass man behaupten könnte, dass, wenn ein Affe auf gut Glück eine Antwort ausgewählt hätte, dieser besser abgeschnitten hätte. Die magische „Schimpansenlinie“, zeigt, dass hochrangige Manager, ja selbst die sogenannten Experten im Grund gar nichts wissen.
Rosling teilt die vorschnelle Beurteilung der Menschen wie folgt ein:
Der Instinkt der Kluft (es gibt Arm und Reich)
Der Instinkt der Negativität (alles wird immer schlechter, und die Dinge sind nicht rosig)
Der Instinkt der geraden Linie (es geht immer so weiter und weiter)
Der Instinkt der Angst (wir fürchten uns vor dem einen Flugzeugabsturz und übersehen, die 40 Mio. Flüge, die jährliche ohne Zwischenfall absolviert werden)
Der Instinkt der Dimension (wir halten alles für größer als es ist)
Der Instinkt der Verallgemeinerung (wir schließen von einer Sache auf die andere)
Der Instinkt des Schicksals (das war schon immer so und wird sich nicht ändern)
Der Instinkt der einzigen Perspektive (wir begnügen uns mit einer Sicht auf Dinge und halten diese dann für unumstößlich)
Der Instinkt der Schuldzuweisung (die anderen sind schuld)
Der Instinkt der Dringlichkeit (dagegen müssen wir sofort etwas unternehmen)
Was also lernen wir aus diesem Buch?
Wir lernen zunächst, dass unsere Sicht der Dinge mit größer Wahrscheinlichkeit falsch ist. Wir täten gut daran, künftig mit Aussagen zu einer gesellschaftspolitischen Angelegenheit vorsichtig zu sein, weil unsere Meinung mit Sicherheit vieles nicht mit einschließt und anderes schlechter macht als es ist. Und selbst wenn es tatsächlich gerade schlecht ist, heißt das noch nicht, dass Feuer am Dach ist. Es wäre ebenso wichtig den Aussagen in den Medien (selbst in Qualitätsmedien) stets kritisch gegenüberzustehen. Ansichten, die nicht mit Zahlen belegbar sind, sind nur Vermutungen, Begriffe wie „die meisten, die Mehrheit, etc.“ sind keine Informationen, sondern Angstmacher. Kurzum: wir müssen Gelassenheit und Aufmerksamkeit trainieren. Und: wir können sicher sein, dass sich die Dinge zum Besseren wenden!
Factfulness, von Hans Rosling, ISBN 978-3-550-08182-8

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