Beim besten Willen kein Dan Brown
Entbehrlich / 20. April 2011

Zunächst beginnt die Geschichte ja recht spannend: eine Restauratorin wird tot aufgefunden, ein findiger Kommissar erkennt sehr bald, dass dies kein Unfall war, auch wenn alle Indizien dafür sprechen. Er macht sich sogleich auf die Suche nach den wahren Hintergründen, die ihn in die Geheimnisse rund um die Templer führen und in ein Vermächtnis, das der berühmte Konstrukteur der Sagrada Familia offenbar in versteckten Hinweisen hinterlassen hat. Soweit ist die Story ja noch spannend und hat auch einiges an Potenzial, doch leider verstrickt sich der Autor in unendlich komplexe Theorien, die von den Templern bis zu den Alchemisten, die den Stein der Weisen suchen, reicht. All das wird in hochkomplizierter Weise erklärt und dargestellt. Man könnte sich daraus vielleicht ein Bild machen, wenn es ein Film wäre. Als Buch jedoch kann man den Beschreibungen beim besten Willen nicht mehr folgen – im Gegenteil, sie sind ermüdend. So habe ich aus Erschöpfung und weil die eigentliche Geschichte – nämlich der Mordfall – beinahe zur Nebensache wird, das Buch zur Seite gelegt, bevor ich ans Ende kam. Schade. Sagrada von Enric Balasch, ISBN: 978-3-442-37440-3

Enttäuschend und nervtötend
Entbehrlich / 16. April 2011

Ich habe das erste Buch „Gut gegen Nordwind“ gelesen und damals als eine großartige Geschichte empfunden. Mit dementsprechender Erwartung bin ich an den Folgeband „Alle sieben Wellen“ herangegangen. 15 Sekunden später: Lesen Sie noch? 10 Sekunden später: Oder schlafen Sie schon? 40 Sekunden später: Wo war ich stehen geblieben? – Die Geschichte von Emmi und Leo gestaltet sich in jeder Hinsicht nervtötend. Zunächst offenbart sich Emmi als latente Zicke, die mit unterschwelligen Untergriffen schon nicht leicht auszuhalten ist. Dann wird das Buch durch die „10 Sekunden später“-Unterbrechung völlig zerlegt und lässt wahrlich keinen Lesefluss aufkommen. Auch kann man sich aus genau dem Grund nicht wirklich in die beiden hinein versetzen. Und zuguterletzt muss man sich denken – meine Güte, warum hören die nicht einfach auf zu schreiben und tun das, was alle tun, die verliebt sind, nämlich sich in den Arm nehmen? Tja. Ich bin auf der ganzen Länge enttäuscht, vom Buch und vom Hörbuch, das dem ganzen auch noch Stimmen leiht! Das Buch mag für Menschen sein, die blind einen Folgeband kaufen und lieben, für Leser ist es nicht. Leider. 20 Sekunden später: Wollen Sie noch mehr hören? 1 Tag später: Nachdem Sie mir nicht zurückgeschrieben haben, denke ich,…

Verwirrspiel macht noch keinen guten Roman
Entbehrlich / 16. April 2011

Sehr verführerisch hat der Klappentext des Buches geklungen und voller Freude machte ich mich ans Lesen – bis zur Seite 124 bin ich gekommen, dann hab ich aufgegeben. Was als tolles Verwirrspiel von anderen gelobt wird, halte ich für eine öde Taktik, die mir die Freude am Lesen genommen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass mehrere Personen die Handlung in der Ich-Form erzählen – was nicht unbedingt zur Lesefreundlichkeit beiträgt. Von einem guten Buch erwarte ich mir, dass es mich auf den ersten Seiten „abholt“ und dann nicht mehr gehen lässt. In diesem Fall fühle ich mich eher im Regen stehen gelassen und ganz ehrlich: ich habe keine Lust mehr darauf zu warten, bis mir irgendjemand einen Schirm anbietet. Leider kann ich dieses Buch nicht empfehlen – obwohl das Cover sehr gelungen ist! Der Magier von Montparnasse von Oliver Plaschka, ISBN: 978-3-60893874-6

Meine Vermutung ist ja, dass Gott googelt ..
Zum Nachdenken / 22. März 2011

… denn nirgendwo ist es leichter alle Sünden dieser Welt zu finden, als im Internet. – so sieht das zumindest Thomas Montasser in seinem Buch, dessen Titel wirklich brilliant ist! Der Inhalt hingegen ist ein einziges Plädoyer gegen das „Böse“, das sich als digitalisierte Welt in Form von E-Mail, SMS, Computer, MP3-Player, Handy, usw. manifestiert. Zwar zeigt der Autor nicht mit dem Finger auf andere, sondern nimmt sich selbst durchaus auch kritisch unter die Lupe, dennoch sind die Ansichten in dem Buch so vermutlich nicht haltbar. Sicher – in vielen Punkten hat der Autor recht: wenn er z.B. sagt, dass die Kinder heute lieber „Leben spielen“ anstatt zu leben. Er hat auch recht, wenn er sagt, dass er „vor lautet Passwörter schon nicht mehr weiß, wie er heißt“ (das Phänomen dürfte allgemein auftreten). Trotzdem ist seine „Beweisführung“ einseitig und manchmal eintönig, weil sich die Argumente ständig wiederholen. Vor allem aber auch, weil man dem ganzen ohnehin nur begrenzt entgehen kann (und vermutlich auch will). Vieles von dem, was in den letzten 10 Jahren erfunden wurde ist eine Errungenschaft. Und wie alle Errungenschaften können diese auch zum Fluch werden, wenn der Mensch sich selbst nicht unter Kontrolle hat. Das gilt für…

Man stirbt nicht bei dem Anblick eines XXL-Oberschenkels
Für die Seele / 14. März 2011

„Eigentlich wollte ich ein Buch über dicke Frauen schreiben“ – lautet der erste Satz in diesem Buch. Doch dann wurde es ein Buch gegen den Schlankheitswahn. Was auf den ersten Blick auf das gleiche hinausläuft, unterscheidet sich im Detail sehr wesentlich. Das Buch ist jetzt auch für jene (gar nicht mal so kleine) Gruppe von Menschen, die sich schon bei Kleidergröße 42 als „dick“ bezeichnen würden. Und bereits nach der 10seitigen Einleitung wird klar: Frau Asgodom wird nicht mit harten Worten geizen! Der erste Teil des Buches ist ein Befreiungsschlag, manchmal sogar ein Rundumschlag: In den 5 „T“ beleuchtet die Autorin zunächst warum wir dick werden – Talent (zum Essen),Trotz (jetzt erst recht), Trance (Gewohnheiten), Turbulenzen (Stress), Traurigkeit. Im Anschluss folgen die „Versöhnungskapitel“, die alle mit „L“ beginnen: Liebe (zu sich selbst), Lust(auf das was wichtig ist), Leichtigkeit (Begeisterung entwickeln),Laben (Essen bewusst machen),Lachen(wie wir auf andere wirken). Was in den „T“-Kapitel manchmal schon übertrieben schien – als Leser hat man fast das Bedürfnis zu sagen „Ja, danke ich hab’s kapiert“, steigert sich in den „L“-Kapiteln dann zu einem Live-Auftritt der Autorin, die ja berühmt ist, für ihre Bühnenpräsent und Stärke in Vorträgen. Das heißt: jetzt spricht sie so, als stünde…

Von einem dunklen Stern, einer geheimen Sekte und einer seltsamen Liebe
Zum Zeitvertreib / 9. März 2011

Dominique Carpentier ist Richterin und bekannt als Sektenjägerin. Ein neuer Fall eines Massenselbstmords bringt sie einmal mehr auf die Spur „des Glaubens“ einer Sekte, von der sie bislang nur sehr wenig in Erfahrung bringen konnte. Trotz der Hilfe ihrer Assistenin und eines Kommissars, der mehr als nur berufliches Interesse an der Richterin zeigt, werden zwar einige Verzweigungen aufgedeckt, letztendlich läuft alles bei einer mysteriösen Person zusammen – dem Komponisten. Und hier beginnt dann sich das berufliche Interesse der Richterin an der Sekte mit dem persönlichen an dem faszinierenden und geheimnisvollen Komponisten zu kreuzen. Die Folgen sind selbst für Dominique Carpentier überraschend … Patricia Duncker hat keinen Krimi geschrieben und keinen Thriller. Es ist auch keine Liebesgeschichte und kein Mysteryroman. Es ist vielmehr eine sehr gekonnte Mischung verschiedener Genres, was sich reizvoll liest. Mal sind es die kriminellen Aspekte, die im Vordergrund stehen, meist aber sind es die eifersüchtigen Anfälle des Kommissars und die unheilverkündenden Liebeserklärungen des Komponisten. Das alles ist verpackt in einer Sprache an der frankophile Menschen ihre Freude haben werden. Das Buch wird jenen Menschen gefallen, die spannende, unterhaltsame Kriminalfälle mögen bei denen nicht unbedingt das Blut aus den Seiten tropfen muss. Es wird auch Menschen gefallen, die…

Was haben die Menschen früher mit ihren erlebten Sachen gemacht, bevor es Twittern und Blogs gab?
Zum Lachen / 9. März 2011

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Zug und Ihnen gegenüber sitzt ein unscheinbarer Mann, der fleißig in seinen Computer tippt. Dann heißt es wohl Vorsicht, denn das könnte Horst Evers sein, der Mann mit dem scharfen Blick für das Banale. Mit geradzu hinreißender Logik erklärt er uns wie die Welt wirklich funktioniert – dass z.b. Twittern auch offline geht – durch lautes Hinausschreien aus dem Fenster, dass man Platz schaffen kann, indem man seinen Müll einfach mit der Post an eine Adresse schickt, die es nicht gibt (dauert Wochen bis der Schrott zurückkommt und ist billiger als einen Lagerraum zu mieten), dass man 20 Kilo abnehmen kann, indem man einfach ein anderes Rechenschema für das Gewicht verwendet, dass man mit den Psychotests aus den Zeitungen einfach alles werden kann usw. Das Buch ist eine superlustige Sammlung an Alltagsgeschichten, gespickt mit einer gehörigen Portion Lebensweisheit. Für Eile fehlt mir die Zeit von Horst Evers, ISBN: 978-3871346828

Ein Hörerlebnis der besonderen Art
Hörbücher / 6. März 2011

Das selbige Buch mag für viele enttäuschend sein. Sei es, weil die Sprache etwas altmodisch ankommt (was einzig an der sehr guten Übersetzung liegt, und die Franzosen nun mal eine etwas schrullige Ausdrucksweise haben) oder weil die Geschichte so dahinplätschert, ABER: wenn man sich anstelle des Buches das Hörbuch nimmt, dann kommt das einen Erlebnis erster Güte gleich. Die Stimme der Concierge (gesprochen von Anna Thalbach) ist derart authentisch – man kann sich die Person richtig ausmalen. Hinzu kommt, dass der Text, wenn er richtig vorgelesen wird – mit all den Pausen – eine ungeheure Tiefe hat. Ich fuhr mit dem Auto nach Hause, stand im Dunkeln auf der Straße und lauschte der Erzählerin – es war einer der schönsten Hörerlebnisse, die ich je hatte! Also: das Buch sein lassen und statt dessen das Hörbuch nehmen! Muriel Barbery-die Eleganz des Igels Die Eleganz des Igels

Ein Kinoerlebnis im Ohr
Hörbücher / 6. März 2011

Frank Schätzings „Schwarm“ wurde ein Weltbestseller und das mit Recht. Mittlerweile gibt es auch eine Lesung als Hörbuch, aber das HÖRSPIEL ist eine Besonderheit für sich. Alleine der Anfang des Hörspiels erzeugt Gänsehaut (Mechthild Großmanns Stimme ist atemberaubend). Bekannte Stimmen wie z.B. die von Joachim Kertzel (= Jack Nicholsons Synchronstimme) schaffen es, dass man einen Hollywood Blockbuster im Ohr erlebt. Frank Schätzing – der Schwarm Der Schwarm

Die Familie hat ihren guten Ruf eingebüßt.
Zum Nachdenken / 1. März 2011

„Es ist noch nicht lange her, da nannte man die heute Vierzig- bis Fünfzigjährigen, die Sandwich-Generation, eingeklemmt zwischen den Verpflichtungen gegenüber ihren Eltern und ihren Kindern, wirtschaftlich und seelisch erschöpft. Doch dieser Begriff ist falsch und nur ein weiteres Beispiel für die Egomanie einer Generation.“ … Die ist der 1. Satz des Buches und ich dachte zunächst, dass es ein spannender Auftakt sei. Jedoch: ich wurde enttäuscht, denn mehr und mehr hat mich das Buch zu ärgern begonnen. Nicht nur, dass sich immer alles um Wirtschaftlichkeit dreht und wie man ein „System“ erhalten kann, es bescheinigt uns (und vor allem unseren Kindern und Enkeln) auch eine mehr oder weniger hoffnungslose Zukunft. Stets ist nur von der „Last auf den Schultern“, der „Doppelbelastung Eltern, eigene Kinder“ usw die Rede. Als ob es im Leben nur darum ginge, dass alles wirtschaftlich abläuft! Als Mitglied jener egomanen Generation, von der eingangs gesprochen wird, hab ich mir oft gedacht, dass wohl JEDE Generation ihre Chancen und ihre Probleme hatte und es erscheint mir mehr als kurzsichtig, der zukünftigen Generation gleich gar keine Chance mehr einzuräumen. Die Nachkriegsgeneration war bitterarm, aber hatte die große Chance ein Land neu aufzubauen. Die heutigen Generationen kommen in eine…