Das Leben als ewige Schleife voller Möglichkeiten
Zum Nägel kauen / 2. Juli 2017

Harry August stirbt – schon wieder. Und er kommt neuerlich auf die Welt. Sein Leben ist ein wiederkehrender Kreislauf mit der Fähigkeit, sich alles aus den vorigen Leben zu merken. So wird Harry Arzt und Drogendealer, Flugzeugtechniker und Visionär und immer wieder durchlebt er die selbe Zeit ab dem 1. Weltkrieg. Nach mehreren Leben weiß er, wie er den zweiten Weltkrieg überlebt, wie er schneller zu Geld kommt, wer einen Mord begeht, und wie er diesen im nächsten Leben verhindern kann. Eines Tages jedoch steht ein Mädchen an seinem Sterbebett und sagt ihm, dass die Welt in absehbarer Zeit im Begriff ist unterzugehen. So beginnt für Harry die Suche nach der Ursache, die wohl in seiner Zeit liegen muss. Mithilfe des Chronos-Clubs, einer Gemeinschaft gleichgesinnter kommt Harry dem Unausweichlichen Leben für Leben näher und wird schließlich auch fündig … Was Claire North hier gelungen ist, wurde zu Recht als bester Science Fiction Roman ausgezeichnet. Er ist fantasievoll, komplex, unglaublich spannend und voller genialer Ideen. Darüber hinaus ist das Buch in deutscher Sprache eine echte Lesewohltat voller feingeschliffener Worte und wohlgeformter Sätze, sodass man davon ausgehen kann, dass das Original in englischer Sprache ebenso hochkarätig geschrieben ist. Spannung, Lesespaß, feine Wortwahl…

Wenn du viele Möglichkeiten hättest dein Leben zu leben – möchtest du tauschen?
Zum Nägel kauen / 7. Mai 2017

Jason Dessen, Physiklehrer an einem College, liebt seine Frau und seinen Sohn über alles. Eines Abends besucht er die Feier eines alten Freundes, der soeben einen renommierten Wissenschaftspreis erhalten hat. Auf dem Heimweg wird er von einem mysteriösen Mann überfallen und entführt. Als er wieder zu sich kommt, liegt er in einem Krankenzimmer umringt von fremden Menschen, die ihm zur Rückkehr gratulieren. Nach und nach stellt sich heraus, dass er 14 Monate verschwunden war, nachdem er in einem Kubus gestiegen war und gestern plötzlich wieder auftauchte. Der begeisterte Applaus des Auditoriums, dem er vorgeführt wird, macht Jason Angst, denn er hat keine Ahnung für welche Leistung er hier bejubelt wird. Kurze Zeit später flieht er aus dem Gebäudekomplex, in dem er sich befindet, und versucht zu sich nach Hause zurückzukehren. Er findet die Straße, er findet das Haus, aber es ist irgendwie nicht seins. Die Schlüssel passen, doch als er in seinem Wohnzimmer steht, sieht er nirgendwo Familienfotos hängen, geschweige denn Spuren eines Teenagers. Seine Frau und sein Sohn sind nicht mehr da. Was in der Folge passiert, ist selbst für den Physiker in Jason nur schwer zu verstehen: ganz offenbar hat er eine Maschine gebaut, die ihn in ein…

„Erinnerungen sind wie Geschosse. Manchen zischen vorbei, andere reißen dich in Stücke.“
Zum Nägel kauen / 27. März 2017

Peter Kautz ist Literaturagent. Eines Tages landet das Exposée eines unbekannten Schriftstellers auf seinem Tisch. Es enthält Teile eines Manuskripts, das die Erinnerungen des Autors, Richard Flynn, wiedergibt. Zunächst lässt Peter das Paket achtlos liegen. Als er es jedoch irgendwann zu lesen beginnt, ist er sogleich fasziniert von der Geschichte. Nach 70 Seiten endet das Skript, das – so erkennt es Peter – als Buch mit Sicherheit ein Knüller wird, handelt es doch vom Mord an einem nicht unbekannten Psychologie-Professor in Princeton, der vor 30 Jahren geschah und niemals aufgeklärt wurde. Peter will sich mit dem Autor treffen, muss aber feststellen, dass dieser ihm keine Antworten mehr geben kann …. Der vorliegende Krimi ist das Erstlingswerk eines rumänischen Schriftstellers, und man kann ohne Übertreibung sagen, dass es mehr als gelungen ist. Die Geschichte, die auf mehreren Erzählsträngen beruht, ist faszinierend und zieht einen unweigerlich ins Buch hinein. Von der ersten Seite weg will man mehr wissen – ganz so, wie eine gute Geschichte eben aufgebaut sein muss. Das Buch der Spiegel von E.O. Chirovici ISBN: 978-3-442-31449-2

Who want’s to live forever?
Zum Nägel kauen / 22. Januar 2017

Ben Kari arbeitet in einem Unternehmern, das sogenannte „Ewige“ verifiziert. Ewige – das sind Replikate von verstorbenen Menschen, die echt wirken, im richtigen Leben agieren und kommunizieren und mit anderen Menschen zusammenleben. Dass es „nur“ Replikate sind erkennt man daran, dass sie nichts essen oder trinken und dass man sie nicht berühren kann. Auch in der Kommunikation gibt es Einschränkungen: Ewige sprechen nicht über den Tod bzw. den Umstand, wie sie im echten Leben zu Tode kamen. Und: man kann sie – Vampiren gleich – weder im Spiegel noch auf Videoaufzeichnungen sehen. Dennoch leben die Menschen in dieser fiktiven Zukunft mit sogenannte Lebenstrackern, die ihr Dasein detailgenau aufzeichnen, sodass der Ewige, der eines Tages ihren realen Platz einnimmt, möglichst authentisch ist. Was die wenigsten wissen: man kann die Programmierung der Ewigen modifizieren. So wurde dem neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten – JFK – ein bisschen etwas vom Charakter Jimmy Carters hinzugefügt. Ja, die Menschen wählen sogar Ewigen zu ihren Anführern, sie scheinen die besseren Menschen zu sein. Eines Tages erhält Ben Kari einen heiklen Auftrag. Marlene Dietrich – die Ewige – ist verschwunden. Und es steht der Verdacht im Raum, dass sie Selbstmord begangen hat. Eine Tatsache, die bei Ewigen, die ja…

Und führe uns nicht in Versuchung …
Zum Nägel kauen / 4. Dezember 2016

Der Papst ist tot und die Augen der Ganzen Welt sind auf den Vatikan gerichtet. Dort sollen 117 Kardinäle einen neuen Hirten der katholischen Kirche bestimmen. Kurz vor Beginn der Konklave taucht ein weiterer Kardinal auf, von dem niemand bislang etwas wusste. Es ist der Kardinal von Bagdad. Das Konklave beginnt und gleich nach der ersten Abstimmung kristallisieren sich die Favoriten heraus. Doch nach und nach tauchen Informationen auf, die die Wahl immer wieder neu beeinflussen, bis schließlich im 8. Wahlgang eine Überraschung ansteht. Der neue Papst wird den Namen Innozenz tragen … Robert Harris ist ein Meister der Spannung und schafft es in den unterschiedlichsten Themenbereichen ein Meisterwerk abzuliefern. Immer wieder lesenswert. Konklave, von Robert Harris, ISBN 978-3-45327072-5

Unerklärliche sensorische Manifestation
Zum Nägel kauen / 20. November 2016

Jeremy Logan bezeichnet sich selbst als Enigmatologe, andere nennen ihn geringschätzig Geisterjäger. Dabei macht Logan nichts anderes als unerklärlichen Phänomenen wissenschaftlich nachzugehen. Eines Tages wird er von einem ihm durchaus bekannten Forschungsinstitut mit Namen LUX gerufen. Er selbst war dort einige Zeit beschäftigt. Diesmal ist sein Besuch jedoch anders gewichtet – er soll den überaus seltsamen Selbstmord eines Mitarbeiters aufklären. Der Weg führt ihn durch das architektonisch interessante alte Institutsgebäude, wo er in einem stillgelegten Trakt eine verstörende Entdeckung macht. Bald schon ist klar, dass der Tote dieselbe Entdeckung gemacht haben dürfte und dass sein Tod in unmittelbarem Zusammenhang steht. Als kurz darauf weitere Menschen zu Schaden kommen, wird die Sache für die ganze Einrichtung zur Gefahr. Lincoln Childs neuer Roman ist wissenschaftlich sehr fundiert aufgebaut und durchwegs spannend zu lesen. Die Geschichte ist zudem glaubwürdig und dicht, sodass man sich am Ende schon die Frage stellt, ob es das nicht auch im realen Leben geben könnte. Frequenz von Lincoln Child, 978-3-80525095-5

„Nur ein Narr macht keine Experimente.“
Zum Nägel kauen / 30. Oktober 2016

Marc Elsberg greift in seinem vorliegenden Buch erneut ein heißes Eisen an. Diesmal geht es um Genmanipulation, die dazu führt, das eine neue Spezies Mensch entstehen soll. Zunächst suchen die amerikanischen Behörden noch verzweifelt nach dem Mörder des Außenministers, der – soviel ist rasch geklärt – einem manipulierten Virus zum Opfer fiel, der sich ausschließlich auf ihn selbst tödlich auswirkte. Auch andere Symptome in der Welt lassen aufhorchen: Baumwolle, Mais, Ziegen – allesamt offenkundig genmanipuliert und von daher weitaus resistenter und ertragreicher als herkömmliche Produkte gleicher Art. Doch es kommt noch schlimmer: eine Klinik für künstliche Befruchtung taucht auf dem Radar auf, die ihren Kundinnen Nachwuchs verspricht, der schöner, intelligenter, sportlicher und gesünder ist, als „normale“ Kinder. Und bald schon schließt sich der unheilvolle Kreis rund um eine „Zuchtanstalt“ für genmanipulierte Menschen, in der ganz offenkundig etwas nicht berücksichtigt wurde: wenn die neuen „modernen“ Kinder intelligenter sind, dann sind die „Altmenschen“ bald obsolet … Superspannender Thriller in bester Elsberg-Manier. Helix, von Marc Elsberg, ISBN: 978-3-764505646

Giganten der Urzeit – oder der Zukunft
Zum Nägel kauen / 31. August 2016

Als Rose Franklin als Kind in einem Wald in ein riesiges Loch fällt, ahnt sie noch nicht, dass dies ein schicksalhaftes Erlebnis ist. Das Loch offenbar nämlich ein uraltes Artefakt – besser gesagt – einen Teil davon: eine riesige Hand aus Metall. Jahre später leitet sie ein Labor, dass die Aufgabe hat, das Artefakt auf ihrer Kindheit zu untersuchen, und weitere Teile zu finden. Ein geheimes Konsortium kümmert sich fortan um die Suche nach metallischen Körperteilen, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Dass diese nicht von Menschenhand gebaut wurden, offenbart sich in vielen Dingen: die Art des Metalls, die unbekannten Schriftzeichen – und der Tatsache, dass der Gigant ganz offenbar bewegt werden kann. Woher stammt die Gestalt, die mit einer Höhe von 60 Metern nicht ohne Grund als Riese bezeichnet wird? Warum wurde er auf der Erde zurückgelassen? Wo sind die Erbauer? Das überaus spannende an diesem Buch ist jetzt vielleicht nicht die Geschichte an sich, sondern wie sie erzählt wird. Aufgebaut ist die Story nämlich als Protokoll, bzw. Files mit einer Numerierung – und die ganze Geschichte liest sich als Dialog, der immer wieder zwischen einer unbekannten, aber offenbar mächtigen Person und den Mitarbeitern des Konsortiums stattfindet. Man…

Der Blick in die Zukunft – von der Vergangenheit aus
Zum Nägel kauen / 26. August 2016

Eine Maschine, mit der man 120 Jahre in die Vergangenheit blicken kann, ein Roboter zum Verlieben, Der Job eines Träumers, die Wahlen der Zukunft … Isaac Asimov setzt mit seinen Kurzgeschichten nicht nur Akzente in der Futuristik, es waren eindeutig die Meilensteine fantastischer Science-Fiction. Die Geschichten – allesamt in den 1950er Jahren geschrieben – sind unglaublich visionär und mehrmals musste ich nachblättern, wann genau sie geschrieben wurden, weil ich das Gefühl hatte, sie stammen aus der Jetztzeit. Da ist von digitalen Büchern die Rede und von einem Televisionär – einem Telefongerät mit Monitor. Und so nebenbei hat Asimov auch noch die Grundregeln der Robotik erfunden! Isaac Asimov gilt wohl als einer der Urväter von Science Fiction Romanen und seine Kurzgeschichten sind eine spannende Lesereise, die uns über eine Gedankenbrücke aus der Vergangenheit in eine selbst für uns ferne Zukunft führt. Geliebter Roboter von Isaac Asimov, ISBN 978-3453528437

Eine Familiengeschichte mit langen Greifarmen
Zum Nägel kauen / 28. Mai 2016

Marcus Goldman, angesehener Schriftsteller, wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Von jener Geschichte der Goldmans, wie sie nur das Leben schreiben kann. Von den reichen Goldmans aus Baltimore und den durchschnittlichen aus Montclaire, von der Sehnsucht nach Anerkennung und von Neid, von schicksalhaften Begebenheiten und wie sie einen Stein unaufhaltsam ins Rollen bringen. Diesmal geht es um die Geschichte seiner Cousins aus Baltimore, von denen einer ein echter Goldman ist und der andere ein Ziehsohn, der alles tut, um ein echter Goldman zu sein. Woody aus dem Kinderheim und Hillel Goldman finden in Kindertagen zueinander. Der eine reich, der andere stark, beschützen und behüten sie einander und bilden gemeinsam mit ihrem Cousin Marcus die Goldman-Gang. Im angesehenen Wohnviertel sind sie gerne gesehen, helfen im Garten, leben ihr Leben und dennoch wartet das Schicksal bereits um die Ecke nur darauf zuzuschlagen. Das glückliche Leben der Baltimore-Goldmans endet mit Tod und Einsamkeit. Und all das – so beschließt Marcus Goldman als Schriftsteller – sollte dringend in seiner richtigen Form berichtet werden. Einmal mehr schafft es Joel Dicker einen Spannungsbogen aufzubauen, der einen von der ersten bis zur letzen Seite fesselt. Oder – wie es eine Buchhändlerin als Rezension auf das Buch schrieb: Lesen Sie…