„Der Tod ist unerträglich, wenn du über das Ich nicht hinwegkommst.“
Zum Nachdenken / 20. Juli 2018

Dem Tod ein Schnippchen schlagen, das scheint ein anhaltender Trend zu werden. Fitness, Wellness, Vorsorgemedizin, Rundum-Checks, Tracker, Apps, die unsere Gesundheit überwachen. „Viele, die vom Gesundheitswahn erfasst wurden, sind trotzdem gestorben“, meint die Autorin Barbara Ehrenreich lapidar. Und dann erklärt sie uns, wie sinnlos dieser Versuch eigentlich ist, mit aller Gewalt das Leben verlängern zu wollen oder sich Zeit seines Lebens von den genussvollen Dingen abzuwenden, weil sie ungesund ist, nur um letzten Endes – wenn man Pech hat – dennoch vorzeitig zu sterben. Als Doktorin in Zellbiologie gibt sie uns ausführliche Einblicke in die Welt des Immunsystems und der Tatsache, dass ebendiesen gar nicht so selten zum Feind werden kann. Makrophagen, so heißen sie, sind jene Zellen, die uns einerseits schützen sollen, die aber andererseits ganz schnell die Seite wechseln, wenn es ihnen beliebt und dann zum Taxidienst des Todes werden. Da hilft keine Sojamilch und auch kein Fitnessprogramm. Wenn der Körper gegen sich selbst in den Krieg zieht, dann ist das eben so. Und die Autorin spricht uns auch von jeglicher Schuld frei: wir können solche Geschehnisse weder mit Gedanken herbeiführen, noch abwenden. Positives Denken mag der Psyche vielleicht dienlich sein, auf zellularer Ebene spielen sich ganz andere…

Alter ist vor allem Ansichtssache.
Für die Seele , Zum Nachdenken / 20. August 2017

Es kommt der Tag, da beginnt es zu zwicken und zu zwacken – nicht nur körperlich, sondern auch mental. Man merkt, dass man nicht mehr gewillt ist, gewisse Dinge hinzunehmen, oder aber, dass es immer öfter Dinge gibt, die einen schlichtweg nerven. Ist es das Alter, dass uns da zu schaffen macht? Wird die Seele, der Geist, mit dem Alter träge? Ist es nicht nur der Körper, der dem Zerfall ausgesetzt ist, sondern sind es auch die Gedanken? Uwe Böschemeyer nimmt in seinem neuen Buch, die Wehwehchens genauer unter die Lupe. Das Gute dabei: er nimmt sie nicht allzu ernst! Vielmehr versucht der bekennende Logotherapeut und Theologe uns auf jenen Pfad zu führen, der da lautet: es geht auch anders –  und zwar immer – und zwar in jedem Alter. Ja, man kann sich über vieles Sorgen machen, man muss aber nicht. Und ja, man kann sich immer öfter die Sinnfrage stellen, oder darauf vertrauen, dass der Sinn ein uns durchflutendes Energetikum ist, dass man nur finden muss. Sicher, jene, welche gerade in einer Krise stecken, mögen vielleicht die Stirn runzeln. Aber der Autor sagt mit keinem Wort, dass es leicht wäre. Er zeigt vielmehr in ganz vielen Sätzen auf,…

Schrecklich ist vor allem, was wir nicht begreifen
Zum Nachdenken / 1. März 2011

August Geiger hat Alzheimer. Die heimtückische Krankheit wird von seinen Kindern, darunter auch dem Autor Arno Geiger, erst spät erkannt. Zuvor werden die seltsamen Anwandlungen einfach nur als Alterssturheit abgetan. Traurig und entsetzt über diese Fehleinschätzung beginnt Arno Geiger das Leben seines Vaters von nun an mit anderen Augen zu sehen, seine „Aussetzer“ als solche zu erkennen und mit ihnen zu leben. Er schildert den Alltag mit einem dementen Menschen, die Probleme mit der Verwirrtheit und der damit einhergehenden Verunsicherung, sowie die Ängste des Vaters, der mehr und mehr in eine andere Welt abdriftet. Und genau an dieser Stelle erkennt der Sohn, dass er dem Vater folgen muss, wenn er ihn nicht verlieren will. So entstehen Dialoge die Tragik und Komik in sich vereinen, die einen traurig machen und gleichzeitig lachen lassen, die einem den Spiegel vorhalten und die Frage: „Könntest du auch so reagieren oder würdest du einfach ausflippen?“ Arno Geigers Buch ist ein stilles Werk, und doch von einer imposanten Kraft durchflutet. Von der Macht des Lebens, das noch lange nicht zu Ende ist, nur weil der Geist nicht mehr ganz folgen kann. „Das einzige, was uns angesichts dieser Niederlage, die man Leben nennt, bleibt, ist der Versuch…