Was uns zufällt, ist das Fällige

10. Februar 2019
Wir werden mit dem konfrontiert, was wir am weitesten von uns fernhalten wollten und aktuell ist das die Veränderung des Marktes und der ganzen Gesellschaft hin zu Digitalisierung. Zwar glauben wir immer noch, dass es „uns“ nicht erwischt, dass „wir“ in einer sicheren Segment sind, doch wer ein bisschen genauer hinschaut, erkennt das Brüchige an diesem Glauben. Christoph Keese hat mit der Disruption schon 1997 persönlich Bekanntschaft gemacht, als es damit anfing, dass die Kommunikationsbranche plötzlich vom Papier ins Internet wanderte. Doch anstatt in Schockstarre zu verfallen, hat er sich auf den Weg gemacht und ist der Digitalisierung seither gefolgt. Er war im Silikon Valley und hat den Meistern der Disruption über die Schulter geschaut. Und dann hat er sich mit diesen Erkenntnissen über die mutwillige zerstörerische Veränderung, die keinen Stein auf dem anderen lässt, in Deutschland umgesehen.
In seinem Buch „Disrupt yourself“ erteilt er uns den Auftrag die Augen zu öffnen und auf das eigene Leben zu schauen. Wo könnten hier Veränderungen disruptiver, also zerstörerischer Art zum Tragen kommen? Und was ist man als Mensch noch wert, wenn man möglicherweise wegrationalisiert wird? 702 Berufe wurden in einer Studie danach aufgelistet, wie sehr sie Gefahr laufen von der Digitalisierungswelle wegrationalisiert zu werden. Höchste Gefahr besteht demnach für Telefonmarketer (nicht unbedingt jener Beruf, den alle ausüben wollen), aber schon sehr kurz darauf folgen Berufe wie Versicherungsmakler, Bankangestellter, Juristen, usw. Am sichersten sind Berufe aus der Therapie – Physiotherapie, Massage, etc. überall dort, wo der menschliche Faktor eben nicht durch einen Algorithmus ersetzt werden kann. Werden wir jetzt alle Therapeuten?
Mitnichten, sagt Keese, aber wir müssen aufhören unsere Daseinsberechtigung an unseren Beruf zu hängen. Wir sind mehr als unser Job!
Doch dem Autor geht es weniger darum, uns zu trösten. Vielmehr versucht er, die Abläufe zu erklären: Wie gelingt es Angreifern immer wieder, eine ganze Branche aus den Angeln zu heben? Indem sie eben nicht erhaltende Innovationen suchen, sondern radikal andere Ansätze, die den Kunden kompromisslos in den Mittelpunkt stellen. Überall dort, wo Kunden genervt sind, besteht die Möglichkeit radikaler Erneuerung. „Der Kunde steht im Mittelpunkt dessen, was wir tun“ – das behaupten alle Firmen und es ist immer gelogen. Es geht um Gewinnoptimierung und Margen. Doch wenn da einer kommt, dem es gelingt, die Kunden glücklich zu machen UND Prozesse zu optimieren, dann brechen Traditionen weg. Die Frage ist also: „Was kann ich tun, um meine Kunden grenzenlos zu begeistern, ganz egal, was es kostet?“  Disruptoren suchen „No-Brainer-Deals“, also solche Deals, die so gut sind, dass man gar nicht darüber nachdenken muss und einfach JA sagt.
Worum geht es also? Es geht darum, sich die naivsten Fragen zu stellen. Es geht darum so zu tun, als würde man in der Zukunft leben und in die Gegenwart zurückblicken und sich fragen: „Was kommt mir hier alt vor“. Und es geht darum die üblichen Strukturen von traditionellen Unternehmen zu unterbrechen und stattdessen kleine Start-ups ranzulassen, die eine völlig andere Sichtweise haben usw.
Muss man sich fürchten? Nur, wenn man in seiner Überzeugung starr verhaftet bleibt. Wenn man jedoch überzeugt davon ist: egal, was kommt, ich werde überleben – dann kann man sich getrost auf das Wagnis einlassen, das – mit oder ohne uns – stattfinden wird.
Disrupt yourself von Christoph Keese,
Kindle

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