Was die Menschheit verändert hat: Die Sprache, die Schrift, der Buchdruck und jetzt die Vernetzung

19. Februar 2019
Stellen Sie sich eine Schwarz-Weiß-Aufnahme vor und daneben ein Farbbild. Dann stellen Sie sich ein Bild in der Größe 9 x 13 cm vor und dasselbe Bild in A4. Und dann stellen Sie sich das Bild auf Fotopapier vor und – mit zig Megapixeln auf dem Monitor. Mit jeder Entwicklungsstufe wurde das Bild brillanter, schärfer, detailreicher. So passiert es gerade mit unserer Gesellschaft. Sie wird so genau vermessen und vernetzt, dass ein immer schärferes Bild entsteht. Wir sprechen von der granularen Gesellschaft. Das Gute daran: eigentlich kommt wesentlich stärker die Individualität jedes Einzelnen zum Vorschein. Der Nachteil: das Individuum ist durchschaut und somit lenkbar und das auf so subtile Art, dass wir von dieser Beeinflussung gar nichts mitbekommen.
Der Autor Christoph Kucklick beschreibt in seinem Buch die – wie er es nennt – 4. Katastrophe der Menschheit, mit der die Menschen dazu gezwungen sind, sich radikal anzupassen, wenn sie mitwachsen wollen. Das begann bei der Sprache, die jene, die ihrer mächtig waren, dazu befähigte Dinge zu vereinbaren, zu besprechen und somit neue Erkenntnisse zu erzielen. Das passierte mit der Schrift, durch die es plötzlich möglich war, einander auf Distanz Mitteilungen zukommen zu lassen. Das macht auf sehr revolutionäre Art auch der Buchdruck, der die Aufklärung in Gang setzte und jenen, die lesen konnten einen enormen Vorteil verschaffte. Und jetzt ist es die Digitalisierung des Menschen, die eine ganze Gesellschaft in Aufruhr versetzt. Das Problem dabei: Der Satz: „Ich denke, also bin ich“ – der stimmt so nicht mehr, weil das Elementarste, das den Menschen auszeichnet, nämlich seine Intelligenz, von Maschinen übertrumpft und letztendlich auch übernommen wird.
Wie aber muss der Mensch nun werden, um in einer Gesellschaft, die zusehends von Maschinen gesteuert wird, noch als „Mensch“ aufzufallen?
Der Autor beschreibt mehrere Szenarien, von der eine am interessanteste klingt: der unvernünftige Mensch. Er ist jener, der eben chaotisch und schlampig ist. Generell gibt es schon länger in der Wissenschaft Anzeichen dafür den Menschen als unperfektes Wesen darzustellen – und dies zu seinem Charaktermerkmal zu machen. Die Perfektion – die haben wir an die Maschinen verloren.
Fazit: Wer das Buch liest, bekommt einen Eindruck davon, wie sich unsere Gesellschaft verändert und ein klares Bild der Menschen, die, wenn sie sich nicht mit verändern einmal mehr auf verlorenem Posten stehen oder – um es mit den Worten des Autors auszudrücken: Es wird im 21. Jahrhundert darum gehen, auf dem Treibsand der Veränderungen ein neues Haus zu errichten.
Die granulare Gesellschaft, von Christoph Kucklick
ISBN: 978-3548376257

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