Was, wenn es zu Hitlers Zeiten schon Internet gegeben hätte?

7. Oktober 2018

Es sind die 1930er Jahre und die deutsche Nation ist wütend. Nicht nur, dass ein großer Krieg verloren wurde, nein, auch alle Patente Deutschlands wurden als Regress für ungültig erklärt und der ganzen Welt zur Verfügung gestellt: das tragbare Telephon ebenso, wie die Komputer, die mit Elektrizität und nicht mehr mit Dampf betrieben werden. Mittlerweile umspannt ein sogenanntes Weltnetz weite Teile der zivilisierten Welt und verbindet Telephone und Komputer miteinander. Bargeld wurde abgeschafft, man bezahlt jetzt mit seinem mobilen Votel. Was niemand weiß: es gibt ein Amt in Deutschland, dass sämtliche dieser Daten, seien es die Gespräche oder die elektronischen Briefe, jede Geldbewegung, jeden Einkauf in riesigen Datensilos speichert. Das NSA – das Nationale Sicherheits-Amt – benutzt diese Daten für Auswertungen, die zunächst von sogenannten Programmstrickerinnen – allesamt Frauen – abgefragt und in der Folge von Männern analysiert werden. Als schließlich Hitler an die Macht kommt, wird akribisch nach abtrünnigen Menschen gesucht.

Helene Bodenkamp, eine jener Programmstrickerinnen, ist ein Naturtalent, was das Erfinden von Abläufen anlangt und Dank ihres Einsatzes gelingt es auch, Menschen zu finden, die sich irgendwo in Geheimverstecken aufhalten, einfach nur durch den Umstand, dass das Abgleichen der Einkaufslisten von Haushalten hervorbringt, wieviel Kalorien in diesem Haushalt verzehrt werden. Passt die Zahl nicht mit den gemeldeten Personen überein, müssen da wohl noch andere sein. So kommt es, dass Helene den deutschen Machthabern ein sehr mannigfaltiges Werkzeug in die Hand gibt. Eines Tages hilft Helene einem Analysten bei einer Suchabfrage, bei der es um ein seltsames physikalisches Problem geht. Die Rede ist von Uran und Atomen und von der Möglichkeit eine Reaktion zur verursachen, die enorm viel Energie freisetzt. Die Schwierigkeit: diese Diskussion findet im Geheimen in Amerika statt und nur durch Zufall gelangte das NSA an diese Daten …

Andreas Eschbach hat in seinem neuen Roman etwas ganz Spezielles geschaffen: er hat unser digitales Zeitalter in die Jahre des Nationalsozialismus verfrachtet und dem Führer die Mittel gegeben, mit denen er alles und jeden überwachen kann – mit Folgen, die ein gänzlich anderes geschichtliches Ereignis mit sich bringt, als wir es auch der echten Historie kennen. Es ist ein ungutes Gefühl, darüber zu lesen, was eine machtgierige Nation anstellen kann, wenn sie über die notwendigen Daten verfügt und die Parallelen zu Jetztzeit sind an vielen Stellen nicht zu übersehen. Übrigens: der Autor schreibt tatsächlich Komputer – mit K und Telephon mit PH, weil es eben in jene Zeit passt, von der wir lesen – genial!

NSA – Nationales Sicherheits-Amt
von Andreas Eschbach, ISBN 978-3-7857-2625-9

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