Wenn das virtuelle Leben besser ist als das reale
Für Junge und Junggebliebene / 27. Januar 2021

Unsere Welt ist kein schöner Platz mehr. Eine fortgeschrittene Klimaveränderung, die große Teile der Erde unbewohnbar gemacht hat, bringt die Menschen dazu, sich in virtuelle Welten zu flüchten. In sogenannten Depots stehen Kapseln, mit denen man sich quasi wegbeamen kann und es gibt niemanden auf der Erde, der dieses Angebot nicht gerne in Anspruch nimmt. Zur Wahl stehen unzählige Welten, die von Romantik  á la Jane Austen bis zu einem Besuch in der Kreidezeit bei den Dinosauriern alles zu bieten haben. Jana Pasco ist eine Weltendesignerin und arbeitet für „Mastermind“. Unter anderem hat sie auch Kerrybrook geschaffen, eine irisch anmutendes Fischerdorf, in dem man einfach ein schönes Leben führen kann, bis eines Tages aus unerklärlichen Gründen Menschen verschwinden. Es sind nicht die klassischen Transfers in eine andere Welt oder sogenannte Exits (jene Situation, in denen die Menschen kurz wieder in der Realität erwachen), sondern es sieht so aus, als würden die Menschen einfach aufhören zu existieren. Als dann auch noch seltsame Veränderungen passieren, die es eigentlich nicht geben kann, ist klar, dass Phantome unterwegs sind – Menschen, die keinen Personalcode besitzen und auf den Controllboards auch nicht erkennbar sind –, die Einfluss auf die Welten nehmen. Die Frage ist nur:…

Das Leben als ewige Schleife voller Möglichkeiten
Zum Nägel kauen / 2. Juli 2017

Harry August stirbt – schon wieder. Und er kommt neuerlich auf die Welt. Sein Leben ist ein wiederkehrender Kreislauf mit der Fähigkeit, sich alles aus den vorigen Leben zu merken. So wird Harry Arzt und Drogendealer, Flugzeugtechniker und Visionär und immer wieder durchlebt er die selbe Zeit ab dem 1. Weltkrieg. Nach mehreren Leben weiß er, wie er den zweiten Weltkrieg überlebt, wie er schneller zu Geld kommt, wer einen Mord begeht, und wie er diesen im nächsten Leben verhindern kann. Eines Tages jedoch steht ein Mädchen an seinem Sterbebett und sagt ihm, dass die Welt in absehbarer Zeit im Begriff ist unterzugehen. So beginnt für Harry die Suche nach der Ursache, die wohl in seiner Zeit liegen muss. Mithilfe des Chronos-Clubs, einer Gemeinschaft gleichgesinnter kommt Harry dem Unausweichlichen Leben für Leben näher und wird schließlich auch fündig … Was Claire North hier gelungen ist, wurde zu Recht als bester Science Fiction Roman ausgezeichnet. Er ist fantasievoll, komplex, unglaublich spannend und voller genialer Ideen. Darüber hinaus ist das Buch in deutscher Sprache eine echte Lesewohltat voller feingeschliffener Worte und wohlgeformter Sätze, sodass man davon ausgehen kann, dass das Original in englischer Sprache ebenso hochkarätig geschrieben ist. Spannung, Lesespaß, feine Wortwahl…

Unerklärliche sensorische Manifestation
Zum Nägel kauen / 20. November 2016

Jeremy Logan bezeichnet sich selbst als Enigmatologe, andere nennen ihn geringschätzig Geisterjäger. Dabei macht Logan nichts anderes als unerklärlichen Phänomenen wissenschaftlich nachzugehen. Eines Tages wird er von einem ihm durchaus bekannten Forschungsinstitut mit Namen LUX gerufen. Er selbst war dort einige Zeit beschäftigt. Diesmal ist sein Besuch jedoch anders gewichtet – er soll den überaus seltsamen Selbstmord eines Mitarbeiters aufklären. Der Weg führt ihn durch das architektonisch interessante alte Institutsgebäude, wo er in einem stillgelegten Trakt eine verstörende Entdeckung macht. Bald schon ist klar, dass der Tote dieselbe Entdeckung gemacht haben dürfte und dass sein Tod in unmittelbarem Zusammenhang steht. Als kurz darauf weitere Menschen zu Schaden kommen, wird die Sache für die ganze Einrichtung zur Gefahr. Lincoln Childs neuer Roman ist wissenschaftlich sehr fundiert aufgebaut und durchwegs spannend zu lesen. Die Geschichte ist zudem glaubwürdig und dicht, sodass man sich am Ende schon die Frage stellt, ob es das nicht auch im realen Leben geben könnte. Frequenz von Lincoln Child, 978-3-80525095-5

Giganten der Urzeit – oder der Zukunft
Zum Nägel kauen / 31. August 2016

Als Rose Franklin als Kind in einem Wald in ein riesiges Loch fällt, ahnt sie noch nicht, dass dies ein schicksalhaftes Erlebnis ist. Das Loch offenbar nämlich ein uraltes Artefakt – besser gesagt – einen Teil davon: eine riesige Hand aus Metall. Jahre später leitet sie ein Labor, dass die Aufgabe hat, das Artefakt auf ihrer Kindheit zu untersuchen, und weitere Teile zu finden. Ein geheimes Konsortium kümmert sich fortan um die Suche nach metallischen Körperteilen, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Dass diese nicht von Menschenhand gebaut wurden, offenbart sich in vielen Dingen: die Art des Metalls, die unbekannten Schriftzeichen – und der Tatsache, dass der Gigant ganz offenbar bewegt werden kann. Woher stammt die Gestalt, die mit einer Höhe von 60 Metern nicht ohne Grund als Riese bezeichnet wird? Warum wurde er auf der Erde zurückgelassen? Wo sind die Erbauer? Das überaus spannende an diesem Buch ist jetzt vielleicht nicht die Geschichte an sich, sondern wie sie erzählt wird. Aufgebaut ist die Story nämlich als Protokoll, bzw. Files mit einer Numerierung – und die ganze Geschichte liest sich als Dialog, der immer wieder zwischen einer unbekannten, aber offenbar mächtigen Person und den Mitarbeitern des Konsortiums stattfindet. Man…

George Orwells Klassiker im Social Media Gewand
Zum Nachdenken / 24. August 2014

Mae Holland kann ihr Glück kaum fassen, als sie ihren neuen Job beim Circle anfängt, jenem Unternehmen, dass alle Internet-Aktivitäten bündelt. Facebook, Twitter und die Google-Suche waren nur der Anfang. Mittlerweile ist der Circle drauf und dran, das Leben der Menschen grundlegend zu verändern. Das neue Recht heißt, alles zu wissen, von jedem. Die Obsession „Teilen ist Heilen“ bringt immer mehr Features auf den Markt, die unter dem Deckmantel einer bessern Welt zur absoluten Transparenz führt. Kinder werden gechipt, damit sie nicht mehr gekidnappt werden können. Wahlen werden online unter den Usern abgehalten, die für diesen Moment der Fragestellung kein anderes Feature von Circle mehr benutzen können. Erst, wer gewählt hat, hat wieder vollen Zugang. Pulsmesser, Kalorienmesser, Gesundheitschecks über ein Armband – die Daten werden bei Circle gesammelt und Krankheiten verhindert, bevor sie richtig ausbrechen können. Wer sein Leben nicht teilt, keine Fotos online stellt, nichts postet und nichts liked, der muss ein Geheimnis haben. Und Geheimnisse sind böse …. Was Dave Eggers in seinem Roman beschreibt ist eine mögliche Zukunft, die ja zum Teil schon real ist. Der Druck, der beim Lesen entsteht, das ungute Gefühl, permanent unter Beobachtung zu stehen, das lässt einen schon darüber nachdenken, ob es…

Etwas geschieht, weil es geschah …
Zum Nägel kauen / 12. Mai 2012

Peter Saunders begibt sich mit seinem Freund Luther von Eyck auf eine Wanderung zum Mount Maroon. Als sie am Abend einen Lagerplatz aufschlagen, werden sie von einem Gewitter überrascht, bei dem sich die Blitze direkt auf ihrem Rastplatz entladen. Als Peter kurz darauf in einem Krankenhaus wieder erwacht, gibt man ihm zu verstehen, dass es ein Problem mit seinen Personalien gibt. Ein Peter Saunders existiert nicht. Auch die von ihm angegebene Adresse kann nicht richtig sein – sie liegt in einem stillgelegten Industriegebiet. Und als er schließlich vor seinem eigenen Grab steht, in dem laut Inschrift ein 6jähriger Junge begraben liegt, weiß Peter, das er in einer anderen Realität gelandet ist. Zeitgleich ist man im Forschungslabor, das im Berg des Mount Maroon liegt, alarmiert. Das soeben gestartete Experiment ist gescheitert – schon wieder. Damals – im Jahr 1985 verschwand ein Mensch – heute tauchte einer auf. Besteht zwischen diesen beiden Vorfällen ein direkter Zusammenhang? Ist es etwa doch möglich durch die Zeit zu reisen? Gibt es gar ein Paralleluniversum, und: lässt sich auf diese Weise Vergangens ungeschehen machen? Ethan Bayce Thriller ist ein packender Sci-Fi-Roman, der die Kausalität einer Zeitreise auf extrem spannende Weise skizziert. Niemals ist vorhersehbar, was tatsächlich…