Was immer auch den Käfig aufsperrt …
Zum Nägel kauen / 1. März 2015

Angie und Barry, Marina und Dave, Sue und Ed – drei Paare aus England treffen einander zufällig in Florida während ihres Aufenthalts in einem Urlaubs-Ressort. Sie freunden sich an und beschließen die Bekanntschaft in England weiter auszubauen, nicht zuletzt deshalb, weil ein schreckliches Ereignis in Florida gemeinsames Gesprächsstoff liefert. Ein 13jähriges Mädchen verschwand spurlos. Erst Wochen später wird ihre Leiche in den Gewässern gefunden. Die Treffen der drei Paare beginnen harmlos, entpuppen sich aber zusehends als heimtückisch. Jeder hat offenbar seine Geheimnisse und Gründe zu lügen. Als Wochen später in England ebenfalls ein Mädchen vermisst wird, beginnt auch die Polizei nach Verbindungen zu suchen, die allesamt anders sind, als man als Leser annehmen möchte. Mark Billinghams Thriller ist clever geschrieben. Er beleuchtet in den Kapiteln zum einen die Treffen der sechs, aber auch die einzelnen Paare – und alle haben sie in den eigenen vier Wänden ein dunkles Geheimnis. Den Mörder vorzeitig zu erkennen – wohl eher unmöglich. Die Lügen der anderen von Mark Billingham, ISBN: 978-3-85535054-4

„… und überhaupt sollten Datenkraken zerschlagen werden.“
Zum Nägel kauen / 1. Juni 2014

ZERO ein (oder sind es mehrere) Untergrundkämpfer gegen die komplette Digitalisierung des Menschen, greift mittels eine Drohne den Präsidenten der vereinigten Staaten an. Die ganze Welt sieht zu, wie dieser mit panischem Gesicht flüchtet. Um die Tötung des Präsidenten geht es ZERO dabei nicht, vielmehr darum, dass man heutzutage so etwas wie Privatsphäre gar nicht mehr besitzt. Cynthia Bonsant, eine Londoner Online-Journalistin wird auf den ominösen ZERO angesetzt. Bald schon findet sie heraus, dass sich immer mehr Menschen bei eine Plattform namens Freemee anmelden, die nichts anderes tut, als die Daten der User zu sammeln, zu sortieren und zu beurteilen. Daraus entwickelt Freemee Ratgeber-Apps, die den Menschen helfen zeigen, wie man sein Leben besser gestalten kann. Mit Entsetzen muss Cynthia feststellen, dass ihre eigene Tochter Vie auch dort angemeldet ist, was ihre Persönlichkeitsveränderung der letzten 6 Monate erklärt. Und dann überschlagen sich auch schon die Ereignisse: Ein Junge stirbt, während er eine digitale Brille benutzt und das Unternehmen Freemee scheint mehr daran schuld zu haben, als man glaubt. Als ZERO dann auch noch zu Cynthias Lebensretter wird, weiß sie nicht mehr, wem oder was sie eigentlich glauben soll. Marc Elsbergs zweiter Thriller ist ein „Pageturner“, wie man so schön sagt….

Alles, was wir Menschen für kosmisch wichtig halten, ist ein Zufall.
Zum Nägel kauen / 5. Mai 2014

Es gibt Bücher, die liest man an einem Wochenende und andere, an denen hängt man Wochen. Nicht weil sie so langweilig sind, sondern, weil das, was man darin liest, einfach Zeit braucht, um zu sickern. Man liest schließlich nicht alle Tage über das Prinzip der Mittelmäßigkeit, oder darüber, dass manche Probleme zahm und manche verwickelt sind. Vielleicht mag auch schon jemand über die Glockenkurve gelesen haben, aber über das Pareto-Prinzip? Nein das Buch ist nicht für Wissenschaftler geschrieben, sondern VON ihnen. Und es ist für ganz normale Menschen gedacht. Zusammengefasst haben eine ganze Menge kluger Leute kurze Aufsätze über zwei bis drei Seiten geschrieben, in denen sie ihre persönliche „Werkzeuge“ vorstellen, die ihrer Meinung dazu beitragen würden, das große Ganze besser zu verstehen. Und es ist ein gutes Buch! Was macht uns schlauer von John Brockman, ISBN: 978-3596194247

Unterhaltsames Buch – mehr nicht
Zum Nägel kauen / 21. April 2014

Eine Gruppe Forscher entdeckt unter dem arktischen Eis eine prähistorische Stadt von kollossalem Ausmaß. Doch sie waren nicht die ersten, denn ganz offensichtlich wurden diese Ruinen bereits 1945 erkundet – von den Nazis. Doch die hatten ganz anderes im Sinn, als sie sich in den alten Gemäuern aufhielten, denn hier wurde zwar geforscht, allerdings nach biologischen Kampfstoffen. Das Forscherteam mit Hannah Peters stößt auf das geheime Labor ohne zu wissen, was sie entfesseln. Als Hannah wieder zu sich kommt, sind 30 Tage vergangen und sie muss erfahren, dass alle ihre Teamkollegen tot sind – dahingerafft von einem grausamen Virus. Warum hat Hannah überlebt? Und was hat es mit dem Virus auf sich, nachdem jetzt ganz offenbar die Russen suchen? Hannah beschließt an den Ort des Grauen zurückzukehren, um der Sache auf den Grund zu gehen und den Russen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Womit sie allesamt nicht rechnen ist das personifizierte Grauen, das seit dem Unfall durch die Hallen streift … Thomas Thiemeyers Thriller liest sich flüssig und schnell, ohne jedoch von allzu großem Tiefgang zu sein. Hier wurde ganz offenbar ein Thriller nach dem Schema F geschrieben: eine Gruppe von Leuten unterschiedlicher Charaktere und Fähigkeiten, ein Bösewicht,…

Wolf oder Schaf
Zum Nägel kauen / 9. Februar 2014

Als der Rheumatologe Paul Allen an einem Donnerstag Abend mit seiner zweiten Frau und seinen beiden Söhnen zu Abend isst, kann er nicht glauben, was er plötzlich im Augenwinkel auf dem Fernseher zu sehen bekommt. Gerade eben war der Präsidentschaftskandidat der Demokraten – die größte Hoffnung Amerikas – von einem Attentäter getötet worden … von Daniel Allen, seinem Sohn aus erster Ehe. In den darauf folgenden Monaten versucht er verzweifelt die Unschuld seine Sohnes zu beweisen, bis dieser sich vor Gericht für schuldig erklärt. Die Todesstrafe ist die Folge, Daniel verschwindet im Hochsicherheitstrakt eine Gefängnisses. Schritt für Schritt begibt sich Dannys Vater nur auf eine Reise in die Vergangenheit, um die letzten eineinhalb Jahre zu rekonstruieren. Und Seite für Seite liest man sich als Leser immer näher an die unvermeidliche Erkenntnis. Noah Hawleys Buch ist ein hochspannendes Drama um die Beziehung zwischen Vater und Sohn und den verzweifelten Versuch, jenen Punkt zu finden, der nicht ins Bild passt. Geschickt verwebt er dabei das analytische Denken des Vaters, seine akribische Vorgehensweise, die er berufbedingt beherrscht mit dem vermeintlichen Tat des Sohnes, die sich keiner so richtig erklären kann. Wie konnte aus einem aufgeweckten, fröhlichen jungen Mann ein Mörder werden? Sehr spannende…

Vielleicht bin ich ja zu dumm …
Zum Nägel kauen / 2. Februar 2014

Also was mir als erstes auffällt – nach dem Lesen dieses Buches – ist, dass ich kein bisschen klüger bin. Und angesichts der vielen Warnungen, die in dem Buch gesammelt wurden, muss man sich wohl fragen, warum, das so ist. Liegt es daran, dass hier einfach nur oberflächlich ein Thema angegangen wird und bevor es möglicherweise richtig interessant wird, endet der Gedankengang? Liegt es daran, dass in den ersten sieben Kapiteln so rein gar nichts drin steht, was man nicht schon zigfach in anderen Büchern gelesen hat? Oder liegt es daran, dass der Titel des Buches einen eigentlich in die Irre leitet? „Warum wir heute die einfachsten Dinge nicht mehr wissen“ – poa – darum geht es überhaupt nicht! Was am schlimmsten ist: Lesen soll dumm machen. Gut, dann klappen wir doch gleich mal alle kollektiv die Bücher zu, schließen wir dieses Portal hier, denn es ist ein Hort der Dummheit. Zudem nervt es, dass die Autoren es witzig finden, sich und die Menschen als „dumm“ zu bezeichnen. Aber vielleicht bin ich auch zu blöd, um den Schmäh dahinter zu begreifen. Die Kapitel im Detail: 1) Zu viel Wissen macht dumm, denn wir verlernen zu denken 2) Schnelligkeit macht dumm,…

Das Leben ist ein langer Sturz
Zum Nägel kauen / 30. September 2013

Marcus Goldmann, angesehener Bestseller-Autor, hat eine Schreibblockade und flüchtet zu seinem alten Mentor Harry Quebert nach Aurora. Quebert ist Literaturprofessor und hat selbst einen Bestseller geschrieben – eine Liebesgeschichte, die es geschafft hat, als Weltliteratur eingestuft zu werden. Doch eines Tages findet man auf Harry Grundstück die sterblichen Überreste der 15 jährigen Nola Kellergan, die vor 30 Jahren spurlos verschwand und plötzlich steht Harry Quebert unter Mordverdacht, schlimmer noch: es stellt sich heraus, dass Harry zu Nola offenbar eine Liebesbeziehung pflegte. Marcus versucht seinem alten Freund zu helfen, der sich nicht nur mit der Mordanklage konfrontiert sieht, sondern auch als Pädophiler abgestempelt wird. So macht sich Harrys Schützling auf die Suche nach der Wahrheit über Nola Kellergans Verschwinden. Dabei stößt er immer tiefer in die undurchsichtigen Zusammenhänge, in die mehrere Bewohner Auroras verwickelt sind. Und bald schon in klar, dass es sehr viel mehr Menschen mit einem Mordmotiv gibt, als es scheint. Joel Dickers Krimi ist ein sehr vielschichtiger und überaus spannender Plot, der zwischen der Jetzt-Zeit und der Geschichte vor 30 Jahren hin und her blendet. Dabei wirken die über 700 Seiten kein bisschen übertrieben, weil die Spannung durchwegs aufrecht bleibt. Stets wendet sich der Blickwinkel, mal will man…

Eine weitere Filmvorlage von einem Erzähltalent
Zum Nägel kauen / 20. Mai 2013

Robert Langdon wacht in einem Krankenhaus auf und kann sich nicht erinnern, was die letzten beiden Tage passiert ist. Am meisten verwirrt ihn, dass er sich in Florenz befindet. Als er dann in seiner Jacke auch noch einen Behälter findet mit dem Symbol für „Biohazard“ drauf, ist klar, dass er in eine dunkle Geschichte verwickelt ist. Und so beginnt zum einen die Flucht vor jenen, die ihm nach dem Leben trachten und zum anderen die Suche nach seiner Erinnerung und vor allem dem Geheimnis, das seinen Ursprung in Dantes Inferno hat. Unterstützt wird er dabei von einer jungen Ärztin, die sich alsbald als talentierte Fluchthelferin erweist – und mehr. Man kann über das Buch sagen, was man will: Dan Brown hat in jedem Fall Talent. Bereits das 4. Mal jagt Robert Langdon durch die Kunstgeschichte und es ist trotzdem immer noch spannend zu lesen. Sicher: die Dinge sind aus bisschen vorhersehbar, es ist logisch, dass sich immer irgendwo ein Geheimgang befindet, durch den die Verfolgten fliehen können, dennoch sind die Charaktere interessant. Wer anfangs ein Feind ist, entwickelt sich zum Verbündeten und vermeintliche Helfer entblößen ihr wahres Gesicht. Umrahmt ist das alles einmal mehr mit tollen Beschreibungen von Kunstgemälden, geheimnisvollen…

Ein Thriller nach einem Drehbuch von Dan Brown
Zum Nägel kauen / 30. März 2013

Paulus Brenner ist Historiker in Hamburg. Eines Tages erhält er von einem ihm unbekannten Amerikaner ein geheimnisvolles Manuskript überreicht, das in einer Geheimschrift verfasst ist. Als er die ersten Zeilen entziffert, entpuppt sich das ominöse Buch als Tagebuch eines Mönchs aus dem 14. Jahrhundert, der – im Auftrag eines Engels – mehrere Offenbarungen niedergeschrieben hat. Schon bald stellt sich heraus, dass die Offenbarungen exakte geschichtliche Ereignisse sind, die jedoch unmöglich von diesem Mönch sein können, weil sie bis in die Jetztzeit reichen. Paulus will noch nicht recht daran glauben, dass der Mönch Botschaften aus der Zukunft niedergeschrieben hat, bis die Nachricht direkt „an den gerichtet ist, der den Namen eines Apostels“ trägt … Die Grundidee der Geschichte ist recht spannend, wird jedoch von ziemlich flachen Verfolgungsjagden und beinahe banal wirkenden Entschlüsselungen á la Dan Brown ein wenig verunstaltet. Auch die mitwirkenden Personen selbst sind ein wenig konstruiert: Ein naiver Historiker, der das wertvolle Manuskript ständig irgendwo rumliegen lässt, ein Germanistik-Student, der meint das Buch müsse veröffentlicht werden und eine junge Frau, deren Charakter mehr als flatterhaft ist, bringen Unruhe hinein und lenken auf lästige Weise ab. Dennoch ist das Finale des Buches nicht schlecht, die Auflösung zwar schon irgendwie naheliegend,…

Warum Kafka zum Selbstmord führt und Pinocchio einem das Leben retten kann
Allgemein , Zum Nägel kauen / 27. Juni 2012

Jon Campelli wird eines Tages darüber informiert, dass sein Vater verstorben ist. Libri de Luca – ein Antiquariat in Dänemark wurde zur Todesfalle für seinen Besitzer. Doch die genauen Umstände sind mehr als mysteriös, vor allem als Jon in die Hintergründe von Luca Campellis Begeisterung für alte Bücher eingeweiht wird. Luca Campelli war ein Sender, ein Lettori – ein Mensch, der andere Menschen durch das Vorlesen eines Textes beeinflussen kann. Bald schon ist klar, dass Jon auch diese Fähigkeit besitzt, allerdings in einer Intensität, wie sie niemand für möglich gehalten hätte. Kann es also sein, dass Luca Campelli gar nicht eines natürlichen Todes gestorben war, sondern „in den Tod gelesen“ wurde? Gemeinsam mit Iversen und Katharina, den beiden Angestellten des Antiquariats begibt sich Jon auf eine gefährliche Suche, denn neben den Lettori gibt es auch noch Empfänger, die Gefühle verstärken können … und es gibt ganz offensichtlich eine geheime Schattenorganisation. Die Idee zum Buch ist im Bereich der Geheimbünde angesiedelt und klingt an vielen Stellen, als wären die Illuminati im Spiel. Das macht die Grundsatzidee dieses Buches ein wenig zunichte, denn die Vorstellung, dass man durch das Lesen eines Buches plötzlich seine Meinung zu einer Sache ändert, oder eben andere…