Und täglich grüßt das Murmeltier
Zum Nägel kauen / 23. Mai 2012

Jeff Winston stirbt an seinem Schreibtisch, um kurz darauf in seiner Studentenbude wieder aufzuwachen. Schnell ist klar, dass er von 1988 zurückkatapultiert wurde in das Jahr 1963. Jeff nutzt die Gunst der Stunde, um sein Leben komplett neu zu gestalten – mit dem Wissen von 1988 kein Problem! Ein paar Wetten sind schnell gesetzt und Jeff schwimmt in Geld. Als er neuerlich stirbt und wieder als Student erwacht, muss er jedoch feststellen, dass alles von vorne beginnt und zwar mit dem Wissen, das er bereits aus zwei Leben hat! Eines Tages trifft er auf eine Frau, die offensichtlich auch eine „Wiederholerin“ ist. Doch nicht nur das – es stellt sich auch heraus, dass sie beide mit jedem Replay kürzere Lebenszyklen haben, die noch dazu asynchron sind. Sind es zu Beginn nur ein paar Tage, sind es bei der 3 oder 4 Wiederholung bereits Jahre und immer ist es Jeff, der auf seine Partner warten muss. Und so steuern die beiden aus der Zukunft dem unaufhaltsamen und endgültigen Ende ihrer Replays entgegen. Was Ken Grimwood hier geschaffen hat, ist ein geniales Gedankenmodell, in dem der Protagonist mitunter auch versucht, die Geschichte selbst zu verändern. Einige Leben sind defakto vergeudet, andere wiederum…

Etwas geschieht, weil es geschah …
Zum Nägel kauen / 12. Mai 2012

Peter Saunders begibt sich mit seinem Freund Luther von Eyck auf eine Wanderung zum Mount Maroon. Als sie am Abend einen Lagerplatz aufschlagen, werden sie von einem Gewitter überrascht, bei dem sich die Blitze direkt auf ihrem Rastplatz entladen. Als Peter kurz darauf in einem Krankenhaus wieder erwacht, gibt man ihm zu verstehen, dass es ein Problem mit seinen Personalien gibt. Ein Peter Saunders existiert nicht. Auch die von ihm angegebene Adresse kann nicht richtig sein – sie liegt in einem stillgelegten Industriegebiet. Und als er schließlich vor seinem eigenen Grab steht, in dem laut Inschrift ein 6jähriger Junge begraben liegt, weiß Peter, das er in einer anderen Realität gelandet ist. Zeitgleich ist man im Forschungslabor, das im Berg des Mount Maroon liegt, alarmiert. Das soeben gestartete Experiment ist gescheitert – schon wieder. Damals – im Jahr 1985 verschwand ein Mensch – heute tauchte einer auf. Besteht zwischen diesen beiden Vorfällen ein direkter Zusammenhang? Ist es etwa doch möglich durch die Zeit zu reisen? Gibt es gar ein Paralleluniversum, und: lässt sich auf diese Weise Vergangens ungeschehen machen? Ethan Bayce Thriller ist ein packender Sci-Fi-Roman, der die Kausalität einer Zeitreise auf extrem spannende Weise skizziert. Niemals ist vorhersehbar, was tatsächlich…

Blockbuster im Gummibärchenformat
Zum Nägel kauen / 14. April 2012

Eine geheimnisvolle Firma auf Hawaii mit Namen „Nanigen“ rekrutiert Studenten aus dem naturwissenschaftlichen Sektor. Ihr Job: Im Miniformat eine völlig neue Welt erkunden, um Heilmittel zu finden. Sieben Studenten aus Cambridge folgen dieser Einladung des charismatischen Unternehmers Vin Drake auf die Insel. Peter Jansen, einer der Studenten, bekommt kurz vor der Abreise jedoch ein SMS von seinem Bruder Eric, der in Drakes Firma arbeitet. Die Botschaft: „Komm nicht“. Kurz darauf wird Eric vermisst. Peter und seine 6 Kollegen kommen bald den kriminellen Machenschaften von Drake auf die Spur. Dieser sieht nur eine Lösung für sein Problem. Er muss die Studenten verschwinden lassen. Und was wäre da idealer, als sie einfach mit der Nanigen-Technologie auf eine Größe von 1,3 cm zu schrumpfen und in der Wildnis auszusetzen? Michael Crichtons letzter Thriller ist wohl für die Leinwand geschrieben. Man hat eigentlich die ganze Zeit den Film dazu im Kopf, der ganz sicher als Blockbuster bald in die Kinos kommen wird. Die Geschichte selbst ist von der Idee her recht spannend, die Umsetzung ist dann doch etwas klischeehaft, wenn auch mit manchen Überraschungen. Die Kämpfe der Miniaturmenschen gegen Naturgewalten wie z.B. einen Platzregen oder gegen Untiere wie etwa eine Wespe oder Fledermäusen sind…

Wie schnell der Mensch seine soziale Ader verliert …
Zum Nägel kauen / 3. April 2012

Innerhalb kürzester Zeit verwandelt sich ein Stromausfall, der in Italien seinen Anfang nimmt, in ein europaweites Fiasko. Nach und nach gehen sämtliche Länder Europas vom Netz, ohne die Ursache für das flächendeckende Blackout zu kennen.Ein italienischer IT-Spezialist und Hacker kommt als erster auf die Ursache: sie versteckt sich in seinem Stromkasten zu Hause – ein Befehl von außen, hat die Stromzufuhr gestoppt. Die Folge: eine Überspannung in den Leitungen führt dazu, dass die Häuser plötzlich finster sind. Doch nicht nur das. Weil so ziemlich alles mit Strom betrieben wird, läuft kein Wasser mehr, keine Klospülung, keine Heizung. Auch Tankstellen bleiben dunkel, weil es keinen Strom für die Pumpen gibt, und Geld von Bankomaten abzuheben ist ebenfalls unmöglich. Nach 3 Tagen wird klar, dass dieser Blackout von Menschen gemacht ist, das soziale Gefüge beginnt zu bröckeln. Und als in Frankreich das erste Atomkraftwerkt Probleme meldet, weil der Diesel für die Notstromgeneratoren zur Neige geht, verwandelt sich ein zunächst simpler Stromausfall in eine Katastrophe … Marc Elsbergs Erstlingswerk zeichnet ein düsteres Bild eines Terrorangriffs, der ganz leise und gänzlich ohne Waffen vonstatten geht. Die Auswirkungen sind verheerend und je länger das Szenario andauert, umso mehr fragt man sich: wäre ich selbst ausreichend…

Wenn mikroskopisch Kleines zu einer großen Sache wird …
Zum Nägel kauen / 4. März 2012

In Bernhard Kegels neuem Thriller geht es um zwei mysteriöse Todesfälle in einem Biologieinstitut, einem verschwundenen Laborbuch, eine Star der Wissenschaftsszene und einer geheimnisvollen Zelle, die den Ursprung des Lebens erklären könnte. Hermann Pauli, Biologe und einst Star in der Geschichte um den „Roten“ wird unfreiwillig in das Geschehen hineingezogen, weil einer der Toten einen Stock über ihm im völlig zerstörten Labor gefunden wird und er als einziger vor Ort war. Natürlich ist bald klar, dass Pauli als Beteiligter nicht in Frage kommt und die Polizei ist geneigt, den Fall als Mord und Selbstmord ad Acta zu legen – bis Ungereimtheiten auftauchen. Bernhard Kegels 1. Buch „Der Rote“ begeisterte mit einer spannenden Geschichte, die sich zu einem großen Teil am Meer, in der Tiefsee abspielte. Es erinnerte stark an Frank Schätzings „Der Schwarm“ und konnte auch mühelos in die Kategorie „maritimer Ökothriller“ eingeordnet werden. Die Verbindung zum aktuellen Buch „Ein tiefer Fall“ besteht im Protagonisten Hermann Pauli. Diesmal handelt der Plot jedoch ausschließlich auf dem Festland, konkret in einem Biologiezentrum in Kiel. Das ist das enttäuschende an dem Buch – keine Begegnung auf offener See, der Kontakt mit dem Meer findet unter dem Mikroskop statt. Als Laie gelingt einem die…

Vom Echtzeit-Alptraum zurück in die Freiheit
Zum Nägel kauen / 8. Februar 2012

Mathias Illigen sieht sich einer gewaltigen Verschwörung gegenüber. Als angehender Doktorand in Philosophie und angesehener Student des Großphilosophen Peter Sloterdijk sieht er mehr und mehr wahnhafte Bilder und Verknüpfungen, die nur einen logischen Schluss zulassen: die Welt steht am Abgrund, die Apokalypse ist nicht mehr aufzuhalten, die Satanisten haben die Oberhand. Was anfangs noch wüste Vermutungen sind, werden für den Studenten immer mehr zu einer fixen Idee – und alle stecken mit drin! Sein philosophischer Lehrmeister ebenso wie seine Freundin. Schlimmer noch: sein Haus wird überwacht, versteckte Kameras überall und: der Feind offenbart seine hässliche Fratze immer öfter und immer stärker auch auf den Straßen. Zwar hofft er zu Beginn noch in einem Spiel ähnlich der Verfilmung „The Game“ mit Michael Douglas gefangen zu sein. Er hofft auf den erlösenden Sprung, der ihm offenbart, dass alles Lüge ist, doch die Erlösung bleibt aus. Mathias Illigen sieht nur eine Chance: er muss den Papst warnen und um Asyl im Vatikan ansuchen. Es kostet ihn alle Kraft die lange Fahrt nach Rom auf sich zu nehmen, umgeben vom wahrhaft Bösen. Und bitter ist die Enttäuschung, als er an der Pforte zum Vatikan abgewiesen wird. Schließlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen…

Die Vergangenheit ist eine Maschine mit scharfen Zähnen
Zum Nägel kauen / 5. Februar 2012

Jake Epping staunt nicht schlecht, als ihm der alte Al offenbart, dass es in seiner Burgerbude einen Zeittunnel gibt. Steigt man die unsichtbaren Stufen im Lagerraum hinab, landet man direkt im Jahr 1958 … und zwar immer wieder. Der Vorteil: während man dort Jahre verbringen kann, vergehen in der realen Welt gerade mal zwei Minuten, sofern man nicht gewaltsam versucht, die Vergangenheit zu ändern. Ein bisschen shoppen im den späten 50er/frühren 60ern, ein paar Sportwetten, von denen man ja weiß, wer als Sieger hervorgeht – all das ist noch harmlos. Doch wehe man versucht einem Mädchen, das bei einem Jagdunfall sterben wird, das Leben zu retten – oder schlimmer noch: man versucht zu verhindern, dass ein Vater seine ganze Familie ausrottet. Dann zeigt die Vergangenheit mit aller Brutalität, dass sie Zähne hat und zubeißt. Was also passiert, wenn man so etwas Einschneidendes, wie den Mord an einem amerikanischen Präsidenten verhindern will? Jake übernimmt den tollkühnen Auftrag von Al, sich an die Fersen von Lee Harvey Oswald zu heften und beginnt ein Parallelleben zu führen. Dabei überrascht es nicht, dass er eine nette Frau kennenlernt und sich in das beschauliche Leben der 60er zu verlieben beginnt. Und es ist nur allzu…

Grisham Thriller mit überraschenden Wendungen
Zum Nägel kauen / 15. Januar 2012

Vor 4 Jahren inszenierte er seinen Tod, doch bald ist klar, dass mit Paul Lanigan auch 90 Millionen Dollar verschwunden sind. Jetzt endlich konnte man ihn in einem Dorf im tiefsten Brasilien ausfindig machen und verhaften. In die Staaten zurückgebracht verständigt Lanigan seinen ehemaligen Freund Sandy Mc Dermott, der ebenfalls Anwalt ist, und bittet ihn, die Verteidigung zu übernehmen. Nach und nach entpuppt sich der vorgetäuschte Tod als Notlösung, um die 90 Millionen Dollar nicht zu klauen, sondern sicherzustellen. Denn das Geld ist alles andere als sauber … Der vorliegende Roman von Grisham zeigt einmal mehr das Ausnahmetalent des Autors, sehr komplexe und verstrickte Handlungen so zu schreiben, dass man nie den Faden verliert. In diesem Fall sind es zahlreiche Rückblenden, die mehr und mehr klar machen, dass Paul Lanigan eben nicht jener Bösewicht ist, für den ihn alle halten. Spannende Lektüre! Der Partner von John Grisham, ISBN: 978-3-453-15165-9

Späte Rache
Zum Nägel kauen / 4. Dezember 2011

Ein Mann tötet ohne sichtlichen Grund und ohne erkennbaren Zusammenhang einen bekannten deutschen Unternehmer – und schweigt zu seiner Tat. Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt die Pflichtverteidigung ohne zu wissen, dass der Fall ihn mehr oder weniger direkt betrifft. Und so nach und nach entpuppt sich der ganze Fall Collini als Aufarbeitung deutscher Zeitgeschichte. Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach, ISBN: 978-3-492-054751

Wenn der Mensch von der künstlichen Intelligenz überholt wird
Zum Nägel kauen / 29. November 2011

Alex Hoffmann ist eigentlich Physiker. Am CERN beschäftigt entwickelt er eine Software, die von sich selbst und anderen lernt. Das Projekt wird als zu gefährlich eingestuft und auf Eis gelegt. Jahre später ist Alex Hoffmann ein reicher Mann. Gemeinsam mit seinem Partner hat er einen Hedgefonds gegründet und damit unglaublich viel Geld gemacht. Nun planen er und seine Partner den nächsten Schritt und setzen eine Software ein, die den Markt auf Indizien untersucht, nach denen sich alle Reaktionen des Menschen ausrichten: auf Angst. Kurze Zeit später überschlagen sich die Ereignisse. Alex wird zuhause überfallen, ein Unbekannter schickt ihm eine Erstausgabe von Charles Darwins Entstehung der Arten und die Software investiert Millionen auf den Verlust einer Flugzeuggesellschaft, die eigentlich mit beiden Beinen fest am Boden steht … Robert Harris‘ neuer Thriller ist durchwegs spannend zu lesen, auch wenn man nicht immer versteht worum es auf den Finanzmärkten geht. Es ist ein Szenario, dass so abwegig gar nicht scheint, wenn man bedenkt, wie schnell sich die Technologie weiterentwickelt – warum also sollte es nicht eines Tages eine Software geben, die intelligenter ist, als der Mensch, weil sie niemals müde wird, Daten wesentlich schneller erfassen kann und auch nicht altert? Ich mag den…