… weil selbst eine Schneeflocke Gewicht hat

12. Januar 2011

Das Leben taucht jeden von uns in Licht und Schatten. Tage der Freude kommen und gehen ebenso wie Tage der Trauer und des Verlustes. Und doch verharren wir in den „dunklen Tagen“ oftmals länger als gut ist und manchmal kommt uns die Sinnfrage, die letztendlich durch den Nebel eines Verlustes oder eines Schmerzes nicht mehr beantwortet werden kann. Die Logotherapie nach Viktor Frankl beschäftigt sich mit der Sinnbefragung – gerade in schwierigen Zeiten. Kann eine Krise, eine Krankheit oder ein Schmerz nämlich in einen begreifbaren Sinnzusammenhang gestellt werden, wird das Leben erträglicher. Mehr noch: der Mensch kann daraus gestärkt hervor gehen!

Im vorliegenden Band geht es verstärkt um die Verbindlichkeiten und ihre Bedeutung für die seelische Gesundheit. Gemeint sind damit die Bindung an einen Ort (die Sehnsucht des Menschen nach Heimat), die Bindung an ein Vorhaben (weg vom Daseinsprovisorium hin zu etwas, das dem Leben Sinn gibt) sowie die Bindung an eine Person (das was wir Liebe nennen). Jede Bindung, die man eingeht birgt die Möglichkeit in sich, etwas zu verlieren. Diese Vergänglichkeit ist allgegenwärtig und es bedarf schon öfter im Leben einer Korrektur der Einstellung zu einer Sache, einer Person, um daran nicht zu zerbrechen.

Frankl hat dazu die sogenannte Bildkorrektur entwickelt, die in dem vorliegenden Buch ebenso skizziert wird, wie die paradoxe Intention, die Einstellungsmodulation oder die Macht des Humors. Mit diesen Werkzeugen ausgestattet ist es möglich durch verlustvolle und scheinbar sinnlose Zeiten hindurchzuwandern und am Ende als neuer Mensch hervorzukommen.

Ein Teil des Buches behandelt auch die Frage nach der „Schuld“,wobei hier unterschieden wird zwischen irrationalen Schuldgefühlen und existentieller Schuld.
Besonder schön fand ich den letzen Teil, in dem die Autorin dem theologischen Begriff des „mysterium iniquitatis“ (Geheimnis der Bosheit), das „mysterium caritatis“ (Geheimnis der Liebe) gegenüberstellt. Warum, so fragt sie, wird soviel über die Schuldfrage diskutiert – also stets das Böse hervorgehoben, und so selten über das Gute? Was ist das Gegenteil von Schuld? – ohne dass wir das flache Wort „Unschuld“ benutzen müssen?

Ein paar schöne Sätze aus dem Buch:
„Heimat ist nicht, wo wir herkommen, sondern, wo wir hingehören.“
„Humor nennt man die famose Turnübung, die darin besteht sich selbst auf den Arm zu nehmen.“ (nach Theo Lingen)
„Wer eigene Schuld nicht wahrhaben will, wächst nicht an ihr.“

Verlust und Gewinn – Logotherapie bei Beziehungskrisen und Abschiedsschmerz

von Elisabeth Lukas, ISBN: 978-3890196022

2 Comments

  • SA-M-T 12. Januar 2011 at 19:13

    Liebe Hilda, die Autorin des Buches ist Psychologin und praktiziert seit vielen Jahren die Logotherapie nach Viktor Frankl. Die Beispiele in ihrem Buch sind alle aus der Praxis. Die Wahrheit aber ist, dass die Dinge im Leben eines jeden nur so gut funktionieren, wie es derjenige zulässt … jemand, der sich psychologischen Dingen verweigert wird auch mit der Logotherapie nicht glücklich werden, denke ich mal.
    Liebe Grüße, die gar nicht so namelose Schreiberin
    Sandra

  • Hilda 12. Januar 2011 at 19:06

    Hallo du namenlose Leser(in) /Schreiber(in)
    der Titel deines heutigen Posts hat mich magisch angezogen: Weil schon eine Schneeflocke Gewicht hat! Schön ….. und wahr!

    Klingt hoch interessant, dieses Buch! Wäre nur interessant zu wissen, ob das darin Geschriebene dann auch im praktischen Leben des Lesers (länger) Bestand behält – und nicht nur, bis man von der nächsten schönen Theorie liest. Aber darum geht es hier wohl nicht, in deinem Blog!

    Liebe Grüße
    Hilda