Klein, aber oho
Für Bücherliebhaber / 3. Januar 2011

Der Miniaturbuchverlag Leipzig ist berühmt dafür, kleinste Bücher in höchster Qualität herzustellen. Vom Kunstledereinband über den geprägten Titel bis zum Kartonschuber. Wenn man ein wenig büchervernarrt ist, sind diese kleinen Wunderwerke ein schöner Zierrat inmitten der großen Bücher im Regal, ABER: man muss eben wissen, dass dieses Buch ein Miniaturbuch ist! Und hier kann man sich schon ein bisschen geneppt vorkommen, wenn man das Buch um 21,- Euro bestellt und dann ein Stück gedrucktes Papier im Format 5 x 6 cm in Händen hält! Rein inhaltlich ist das Buch hingegen brilliant. Es enstand zwischen 1881 und 1906 in Form von Kurzbeiträgen in Zeitungen und wurde erst 1911 als Devils Dictionary veröffentlicht. Als sprachlicher Schärfe lässt es wirklich nicht zu wünschen übrig. Zum Beispiel: Kochkunst: Im Haushalt übliche Kunst und Praxis, jenes ungenießbar zu machen, was bereits unverdaulich war. Glück: angenehmes Gefühl; erblüht aus der Betrachtung fremden Elends. Vormittag: letzter Teil der Nacht Das Buch wird jenen gefallen, die ein bisschen Zynismus als Lebensbereicherung ansehen und die manchmal bitterbösen Erläuterungen einfach mit einem Lachen quittieren – schließlich hat das Buch ja der Teufel geschrieben! Für Sammler skuriller Kleinode ist es nettes Geschenk! Des Teufels Wörterbuch von Ambrose Bierce, ISBN: 978-3861840497

Eine zarte Liebesgeschichte im Wolfspelz

Seit Grace als Kind von Wölfen in den Wald gezerrt wurde, verbindet sie eine seltsame Liebe zu einem der Tiere – dem Wolf mit den gelben Augen. Jahr für Jahr, wenn der Winter zurückkehrt, kommen auch die Wölfe wieder und mit ihnen Grace‘ Wolf. Sie weiß schon, wenn er das ist, bevor sie ihn sieht, kann seine Gegenwart riechen. Als eines Tages eine Treibjagd auf die Wölfe beginnt wird ihr Wolf angeschossen und rettet sich mit letzter Kraft auf die Veranda ihres Hauses – wo er sich in Sam verwandelt … Sam und Grace – eine Liebesgeschichte wie Romeo und Julia, so hingebungsvoll – und genauso tragisch, denn Sam’s Zeit als Mensch ist fast abgelaufen, dies ist sein letzter Sommer in menschlicher Gestalt… Der Autorin ist mit diesem Buch ein ganz besonderes Werk gelungen. Nicht nur, dass die Geschichte sehr faszinierend ist, im Mittelpunkt steht die Liebe der beiden Hauptfiguren Sam und Grace und ihr verzweifelter Versuch diese in menschlicher Gestalt auch leben zu können. Es geht in keiner Sekunde um irgendwelche Machtkämpfe Gut gegen Böse (wie es oft in den typischen Vampirromanen der Fall ist). Die Autorin stellt die Liebesgeschichte, die so zart und einfühlsam ist wie ein Gedicht…

Für bibliophile Menschen und solche, die es werden wollen
Für Bücherliebhaber / 1. Januar 2011

Das Buch ist kein Lesebuch im klassischen Sinn. Es ist vielmehr eine Hommage. Ein Loblied auf das gedruckte Werk, das Jahrhunderte überdauert hat und man dem man sich – als Jäger und Sammler – wahrlich ein ganzes Leben lang beschäftigen kann. Umberto Ecos Bibliothek führt 30.000 Exemplare und kann ohne Zweifel als eine unglaubliche Sammlung einer Privatperson angesehen werden. Mit diesem Buch gibt der Autor zum Einen Einblicke in seine Sammlung. Das mag mitunter sperrig sein, ja für manche sogar langweilig, aber es zeugt von Schätzen der menschlichen Kultur, Sprache und Verwirrungen. Es ist ein subtiles Gefühl, das einem beschleicht – nämlich die Gewissheit, dass Umberto Eco ein sehr gebildeter Mensch ist und dass die menschliches Zivilisation zeit ihrer Existenz versucht hat in irgendeiner Form weiterzuleben. Sei es durch – wie Eco es nennt – steinerne Enziklopädien (Bauwerke wie die Pyramiden oder Kathedralen) oder sei es durch das gedruckte Wort. Wie sich die Zukunft in Zeiten des Internet entwickeln wird, wagt der Autor nur vorsichtig zu prognostizieren, aber er beschreibt in einem Text die Gefühle, die ein E-Book-Reader haben muss, der anstatt einer Seele, viele Seelen in sich trägt. Das Buch wird jenen gefallen, die sich eine Bibliothek einrichten wollen,…

Sehnsucht nach einem anderen Leben?
Zum Zeitvertreib / 1. Januar 2011

Peter Mayle und seine Frau sind Engländer und dementsprechend anspruchslos, was Wetter und Essen anlangt. Für sie muss es wohl eine Offenbarung gewesen sein, als sie sich entschlossen in der Provence ein kleines Häuschen zu kaufen, um fortan dort zu leben. Mit ungemeinem Charme und Humor schildert der Autor ein Jahr voller Umbrüche – im wahrsten Sinne! Das Haus bedarf Renovierungsarbeiten, was sich als ganz und gar langwierige Angelegenheit entpuppt – aber was soll’s: dafür leben er und seine Frau in einer liebreizenden Gegend, die von nicht wenigen als die schönste Frankreichs angesehen wird. Gutes Essen gehört hier zum Mindestanspruch, ebenso guter Wein und so nach und nach verinnerlichen die beiden das Lebensgefühl der Provence, was wir als Leser nur seufzend und neidisch hinnehmen können. Diese Buch wird jenen Menschen gefallen, die sich als frankophil bezeichnen würden. Es wird aber auch jenen gefallen, die schon immer ein Plätzchen gesucht haben, wo es sich lohnen würde, den Lebensabend zu verbringen. Spätestens nach diesem Buch ist ein Besuch in der Provence fällig. Ort, die im Buch erwähnt werden: Lambesce, Apt, Menèrbes, Visan, Bonnieux, Carprentras, Cabrières, Constellet, Cavaillon, Isle Sur als Sorge, Beame de Venise, Lacoste, Lumières, Buoux, Oppède, Senanque, Roussillion, Aix-en-Provence, Gordes…

Ein Weg aus der Midlife Crisis
Für die Seele / 29. Dezember 2010

Man weiß ja nie genau, wann sie einen erfasst, die Midlife Crisis. Manche erwischt es früher, andere später. Aber eines ist klar: wenn man sich mit dem WARUM? nicht auseinander setzt, dauert sie länger! Ich habe das Buch genau zur rechten Zeit gefunden – die Frage nach dem WARUM BIN ICH HIER? wird beispielsweise mit einer sehr interessanten Gegenfrage konfrontiert: „WAS SOLL VON DIR BLEIBEN? Und damit ist man auch schon mitten drin in der Thematik. Es geht um das, was von uns übrig bleibt. Kinder, große Taten. Und damit dies alles nicht zum Ego-Trip ausartet – nach dem Motto: „Hauptsache, man erinnert sich an mich“, gilt es einige Spielregeln zu akzeptieren. Vieles davon sind Dinge, die wir im Grunde alle schon wissen, aber vielleicht in diesem Zusammenhang noch nicht gesehen haben. Einiges davon ist durchaus neu. Beispielsweise die Frage: Was ist Fürsorge? – Mit einem Satz erklärt: Fürsorge ist Mitgefühl, Güte und Zurückhaltung. Mit letzterem werden die meisten ihre Probleme haben, die sich „verewigen“ wollen. Alles in allem: „Weitergeben“ von Heiko Ernst ist das Buch, das mich aus meiner Midlife Crisis geführt hat. Es hat mir Perspektiven gegeben, eine gewisse Gelassenheit, ja sogar inneren Frieden, weil ich dank des…

Eine Geschichte so wild wie das Land
Zum Zeitvertreib / 29. Dezember 2010

Eine Frau flieht vor ihrem Schicksal und landet am Ende der Welt – in der Normandie. Hier weht der Wind rauer als es im Leben überhaupt möglich ist und das Meer nimmt sich, was ihm passt. Genau der richtige Ort um zu trauern und zu sich zurückzufinden. Eines Tages steht ein Fremder im Ort und erkundigt sich nach einer Geschichte, die 40 Jahre zurückliegt. Damals starb eine Familie in den tückischen Strömungen, angeblich, weil das Feuer im Leuchtturm nicht brannte. So nach und nach entpuppt sich der Fremde als Hinterbliebener jener Familie – seine Eltern und sein Bruder starben damals in den Fluten. Akribisch und unnachgiebig versucht er das Geschehene zu rekonstruieren – dem Meer das Geheimnis zu entreißen. Hat der Leuchtturmwärter mit Absicht das Leuchtfeuer gelöscht? Die Frau und der Fremde steuern gemeinsam auf tragische Erkenntnisse zu. Was mich an dem Buch so gefesselt hat war der Schreibstil, der sich ein bisschen anfühlte wie die Meeresbrandung. Man sieht sie kommen, aber erst wenn sie da ist, bekommt man die Gewalt zu spüren. Es ist eine wunderbare, tragische, fesselnde Geschichte, in der man auf jeder Seite eine Wildheit spürt, die darauf wartet entfesselt zu werden. Das Buch ist wie ein…

Fröhliche Niedergeschlagenheit
Zum Heulen / 29. Dezember 2010

Zu Beginn des Buches war ich skeptisch, weil ich eigentlich nichts über den 2.Weltkrieg lesen wollte. Und die Erzählweise ist mir im ersten Teil des Buches auch zu „distanziert“ – ja, der Tod blickt einem über die Schulter und beschreibt was er sieht. Doch dann verdichtet sich alles. Menschen, die man zu Beginn für herzlos hielt, zeigen menschliche Züge, und ehe man sich’s versieht lebt man mittendrin in einer Zeit, in der die Tatsache, dass es nichts zu essen gibt, alltäglich war. Unvorstellbar. Für viele Menschen muss es wohl so gewesen sein, dass der Krieg eine Randerscheinung war, bis plötzlich die Bomben fielen und die Männer eingezogen wurden. Witzigerweise ärgert es mich oft, wenn in Büchern am Ende alle sterben – da denk ich mir immer: meine Güte, muss denn der Autor so auftragen? In diesem Fall ist es logisch, mehr noch hat man das Gefühl, dass es genau so passiert ist. Und man muss dem Autor wohl dankbar sein, dass er das Grauen nicht detaillierter beschrieben hat. Obwohl: manchmal sind ja die Dinge, die nur so nebenbei erwähnt werden, viel schlimmer, weil die Fantasie verrückt spielt. Zuguterletzt habe ich doch sehr geschluckt und Menschen, die „nahe am Wasser gebaut“…

Spitzenthriller aus dem Gerichtssaal
Zum Nägel kauen / 26. Dezember 2010

Richter Rusty Sabich sitzt vor dem Bett seiner Frau – seiner toten Frau. Er sitzt dort über 20 Stunden ehe er seinen Sohn darüber informiert, dass seine Mutter tot ist … Nach diesem dramatischen Prolog beginnt die eigentliche Geschichte gut 17 Monate vorher und wird von den verschiedenen Protagonisten geschildert. Einmal aus Sicht von Rusty Sabich, einmal aus Sicht einer jungen Frau names Anna, einmal aus Sicht des Sohnes, dann des Staatsanwalts. Auf diese Weiser verknüpfen sich die Ereignisse und steuern auf das Ende zu, dass dann ganz anders ist als erwartet. Unterstützt wird dieser Schreibstil durch eine Zeitleiste am Kopf jedes Kapitels, die ersichtlich macht, zu welchem Zeitpunkt dieses oder jenes Ereignis stattfand, das letztendlich zu einem Jahrhunderprozess führen wird, und genau das ist es, was dieses Buch so spannend macht: Es ist als würde man zwei Gewitterzellen sehen, die sich nähern, um sich an einem bestimmten Punkt zum Jahrhundert-Unwetter zu vereinen. Ich habe die Vorgeschichte „Aus Mangel an Beweisen“ nicht gelesen, was nicht unbedingt ein Nachteil ist, weil man trotzdem erfährt, warum Richter Rusty Sabich und Staatsanwalt Tommy Molto eine gewisse Hass-Liebe verbindet. Allerdings zieht sich eben diese Vorgeschichte wie ein roter Faden durch das Buch und man…

Gute Gefühle können zur Gewohnheit werden …
Für die Seele / 26. Dezember 2010

… das ist nur eine von vielen „Lebensweisheiten“, die der Autor für uns parat hat. Das Schöne daran ist, dass man diese Sätze einfach annehmen kann, weil sie eben nicht wie eine Weisheit daherkommen, sondern ganz beiläufig geschrieben stehen. Eckart von Hirschhausen hat mit seinem Ratgeber einen Spagat geschafft. Er hat ein Buch zu einem Thema geschrieben an dem sich andere schon die Zähne ausgebissen haben, eben WEIL er es locker angegangen ist. So ist die Grafik des Buches schon eine Besonderheit für sich. Der Autor selbst fordert uns dazu auf, das Buch zu benutzen – also die darin enthaltenen Bastelbögen rauszuschneiden und zu verwenden. Darüber hinaus portioniert er das Thema Glück in Bereiche, in denen sich jeder da oder dort wiederfindet. Vom Glück, das man mit anderen teilt, über das Glück, das per Zufall kommt bis zum Glück, das durch Nichts-Tun entsteht: der Blickwinkel auf ein und das selbe Thema ist immer ein anderer und die Perspektiven sind oftmals überraschend. Ein Satz hat es mir ganz besonders angetan: „Auf die Dauer nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.“ – Na bumm: wer da noch finster denken kann ohne ein schlechtes Gewissen zu haben … Da kam mir der…

Mein Leben geschieht, ob ich mir nun Sorgen mache oder nicht …
Zum Heulen / 26. Dezember 2010

Es ist eine ganz besondere Reise auf die wir uns mit Henry N. Brown begeben: Zum einen eine Reise durch die Zeit – beginnend mit der Geburtsstunde des kleinen Bären mit „annähernd brauner Farbe“ im Jahr 1921. Zum anderen eine Reise durch viele Länder Europas beginnend mit dem viktorianischen England über das kriegerische Deutschland bis hin zu Ungarn kurz vor dem Fall des eisernen Vorhangs. Aus den Augen eines Bären betrachtet erleben wir dabei nicht nur eine ganz besondere Studie der menschlichen Seele – wer sonst kommt so nah an die Gefühle eines Menschen ran, als ein Teddybär – wir erleben auch Schicksale, die berühren, An- und Einsichten, die uns nachdenklich machen können und nicht zuletzt: wir erleben, was die Liebe ist – für Menschen und für Teddybären! Das Buch werden jene mögen, die „Lachen und Weinen“ in einer Geschichte vereint wissen wollen. Es ist manchmal brutal, weil das Leben nicht in Watte gepackt ist. Es ist manchmal herzlos, weil das Leben auch Enttäuschungen bereithält. Es steckt voller Überraschungen, weil das Leben eben keine geradlinige Autobahn ist. Es steckt voll Liebe, weil die Geschichte des Bären einen ganz besonderen Schatz in sich birgt … Das Buch ist ein absolutes Highlight!…