Dumas‘ Rächer ist im 21. Jahrhundert angekommen
Zum Nägel kauen / 29. Mai 2011

Als Ned Maddstone während einer Vorlesung heimlich das Tagebuch seines Studienkollegen Ashley Barson-Garland liest, ahnt er nicht, welche Folgen das für ihn haben würde. Und als er auf dem Segeltörn nach Schottland den Brief des sterbenden Kapitäns annimmt – mitsamt dem Auftrag ihn heimlich an eine bestimmte Adresse zu bringen – kann er nicht wissen, dass dieses Geheimnis sein Leben von Grund auf ändern würde. Genauso wenig wie es für ihn zu diesem Zeitpunkt vorstellbar ist, dass die Eifersucht auf seine Freundin einen jungen Mann dazu bringen würde an einem dummen Streich mitzuspielen … Es sind die verzwickten Ereignisse des Schicksals, die dazu führen, dass Ned Maddstone eines Tages verhaftet wird. In seiner Lederjacke findet man Drogen und einen Brief. Der ermittelnde Beamte Oliver Delft erkennt bald, dass die Drogengeschichte ein Jungenstreich war, doch der Brief beunruhigt ihn zutiefst, handelt es sich dabei doch um eine Todesliste – ausgestellt von der IRA. Als er den Empfänger des Briefes von dem verunsicherten Ned Maddstone erfährt, muss er unverzüglich handeln, und beschließt den blonden Schönling für immer von der Erdoberfläche verschwinden zu lassen. Jahrzehnte später – wir befinden uns am Beginn des Milleniums – taucht in allen Medien eine geheimnisvolle Person auf,…

Liebe Alice, du hast den Brief an dich selbst geschrieben, als du noch bei klarem Verstand warst …
Zum Heulen / 22. Mai 2011

Alice Howland ist 50 Jahre jung und angesehene Professorin an der Havard Universität. In ihrem Fachgebiet – der kognitiven Psychologie – ist sie brilliant und vielgebuchte Vortragende. Bei einer ihre Vortragsreisen steht sie eines Tages am Rednerpult und ein mehr als triviales Wort will ihr nicht einfallen – „Lexikon“. Das kann jedem passieren, denkt man als Leser um sogleich atemlos mitzuverfolgen, wie sie kurz darauf bei ihrer täglichen Joggingrunde an der Kreuzung steht und nicht mehr weiß, ob sie links oder rechts die Straße rauf wohnt. Es folgen kleine Aussetzer, wie z.B. Vorlagen, die sie vergaß an einen Kollegen zu schicken (weil sie nicht mehr wußte, wer der Kollege war), sie stellt sich einer Dame vor, mit der sie gerade mal 5 Minuten zuvor ein kurzes Gespräch geführt hat, sie setzt sich in den volle Hörsaal in die Reihe der Schüler und wartet geduldig auf den Vortragenden, ohne zu ahnen, dass SIE die Vortragende ist usw. Bald wird ihr klar, dass mit ihr etwas nicht stimmt und nach einigen medizinischen Tests, liegt das erschreckende Ergebnis am Tisch: frühzeitiges Alzheimer, eine Erkrankung, die genetisch bedingt ist! Nicht nur, dass sie selbst also sukzessive den Verstand verliert, auch ihre drei Kinder sind…

Großviel gut!

Wir schreiben das Jahr 2018. Der 16jährige Leon Redway führt ein spannendes Leben – er ist Tiefseetaucher und auf Benthos II stationiert, einer Tiefseestation einige hundert Meter unter dem Meer. Dank eines speziellen Anzugs und einer Flüssigkeit, die sich atmen lässt, kann sich Leon tief unter dem Meeresspiegel bewegen – bis dorthin, wo kein Licht mehr vordringt und er sich ganz auf seine Sinne verlassen muss. Wie gut, dass Leon da von einem Kraken begleitet wird – Lucy, ein überaus intelligentes Tier, mit dem Leon mental kommuniziert. Zwar sind Lucy’s Sätze manchmal etwas verschroben, wenn sie bestimmte Dinge umschreibt (z.b. „großviel gut“), doch ist das Band zwischen den beiden unzertrennlich und von einer tiefen Zuneigung geprägt. Leons Arbeit in der Tiefsee ist verantwortungsvoll, denn er ist auf der Suche nach Manganfeldern, einer Energiequelle von der man sich an der Erdoberfläche eine Alternative zur herkömmlichen Energiegewinnung erhofft. Eines Tages geschehen unterklärliche Dinge im Meer. Tiere, die normalerweise nur in der Tiefsee leben, tauchen an die Oberfläche und großen Teilen eines Gebietes fehlt plötzlich der Sauerstoff im Wasser – ein Umstand, der Leon beinahe das Leben kostet, als er unvermutet in so eine Todeszone eintaucht. Doch nicht nur, dass das Meer verrückt…

Nettes Mitbringsel, aber nur mittelmäßig unterhaltsam
Zum Zeitvertreib / 14. Mai 2011

Dieses (Reiz-)Wörterbuch ist primär ein Sammelsurium zufällig aufgelesener Begriffe. Manche von diesen sind es tatsächlich wert, dass man sie hinterfragt, einfach weil sie schon so lange im Wortschatz verankert sind, und keiner mehr den Ursprung kennt. So kann man sich fragen, warum es heißt „Mir schwant etwas“ oder warum jemand „um keinen Deut besser“ ist. Auch „bezirzen“, „ausbaldowern“ oder „Techtelmechtel“ werden hinterfragt. Dann jedoch sind wieder so Wörter dabei wie „Werwolf, „Fronleichnam“ oder „Blockflöte“ und da muss man sich natürlich fragen: unter welchen Kritieren wurden hier eigentlich das Portfolio zusammengestellt? Auch sind manche Erklärungen einfach nur loses Dahergeplänkel des Autors – ein richtiges Aha-Erlebnis fehlt. Trotzdem sind ein paar recht nette Erklärungen dabei und aufgrund der Aufmachung (das Cover!) halte ich es auch für ein nettes Mitbringsel. Heringers Reizwörterbuch von Hans Jürgen Heringer, ISBN: 978-3-411710065

Absolut trashige Wiedergeburt
Entbehrlich / 14. Mai 2011

Der erste Absatz de Buches klingt ja noch recht lustig: „Sie glauben an Wiedergeburt? Das tat ich bislang auch. Aber ich habe meinen Glauben verloren. Ich habe meinen Glauben an das System verloren. Irgendetwas ist schiefgelaufen bei meiner Reinkarnation …“ Nun: der Ich-Erzähler entpuppt sich als Seele, die in einem T-Shirt wiedergeboren wird und fortan das Leben der Menschen eben von einer anderen Perspektive erlebt. Doch nach 51 Seiten habe ich das Buch verärgert beiseite gelegt. Was war passiert? Nun es mag klar sein, dass man sich als T-Shirt nicht unbedingt auf der höchsten Daseinsstufe befindet, aber muss es deswegen gleich dermaßen in den Keller gehen? Nach wochenlangem Rumliegen in einer Textilschütte, wie T.Shirt von einem Typen gekauft und erlebt auch schon bald was sein neuer Besitzer so treibt. T.Shirt verfolgt die Sexszenen mit der neuen Freundin aus dem Schrank heraus (gähn) wird von der Freundin als Pyjama benutzt (Männertraum) und schließlich von seinem Besitzer in einer Plastiktüte mitsamt den Körpergerüchen der Frau konsveriert! (geht’s noch tiefer?) Bei nächstbester einsamer Gelegenheit holt ihn sein Besitzer schießlich wieder aus dem Schrank um … mit T.Shirts konserviertem Frauengeruch zu onanieren (für Männer vermutlich irrsinnig witzig). Ach ja, und dann kommt noch ein…

Gefährlich werden Prophezeiungen erst, wenn man ihnen glaubt.
Zum Nägel kauen / 9. Mai 2011

Mavie Heller könnte sich zu den glücklichsten Menschen zählen. Soeben hat sie eine Jobzusage im einem berühmten, aber genauso geheimnisumwobenen Klimaforschungsinstitut bekommen. Doch die Freude währt nur kurz, denn als sie eines Abends eines heimlichen Blick auf das undurchschaubare, aber ebenso geniale Programm „Prometheus“ wirft, muss sie mit Entsetzen feststellen, dass es eine Prophezeiung für die Welt im kommenden Halbjahr auswirft, die mehr als alarmierend ist. Sintflutartige Regenfälle im Norden, extreme Dürre im Süden – die Folge: 800 Millionen Tote! Mit ihrem naiven Versuch sich diese Informationen von ihrem Vorgesetzten erklären zu lassen, bringt sie einen Stein ins Rollen, bei es in kürzester Zeit in ihrem direkten Umfeld um Leben und Tod geht. Das schlimmste dabei ist die Frage: was, wenn Prometheus sich irrt? Das Buch von Sven Böttcher ist ein sehr gelungener Klima-Thriller, der mit allerlei Überraschungen aufwartet. Da die Geschichte in der nahen Zukunft spielt, ist es auch durchaus vorstellbar, dass die technischen Gegebenheiten exakt so sind, wie beschrieben – und dass die Wissenschaftler tatsächlich über bizarr anmutende Ideen nachdenken, wie z.B. einen Vulkan zu sprengen, der durch die Aschewolke die südliche Hemisphäre abkühlt. Der Vergleich mit Frank Schätzings „Der Schwarm“ ist etwas unrund, dazu ist das Buch…

Was, wenn du der Todesengel bist?
Zum Zeitvertreib / 6. Mai 2011

Im Sommer 1944 wird die Stadt Newark im Nordosten Amerikas von einer Polioepidemie heimgesucht. Während ein großer Teil der Bevölkerung seine Kinder in Sommercamps am Land vor der Kinderlähmung zu schützen versucht, hat Bucky Cantor ein junger Sportlehrer, die Aufsicht über den Sportplatz und versucht dort, den Kindern einen geregelten und unbeschwerten Sommer zu ermöglichen. Doch der Ring der Krankheitsfälle zieht sich immer enger zusammen und bald schon gibt es die ersten schweren Erkrankungen in der Sportgruppe von Mr. Cantor. Zu diesem Zeitpunkt – im Jahr 1944 – herrscht also Krieg an zwei Fronten. Während die Soldaten in Europa und im Pazifik gerade die alles entscheidende Schlacht führen, kämpfen die Einwohner der Stadt gegen einen unsichtbaren Feind, von dem sie nicht einmal wissen, wie er zu besiegen ist. Die ersten Todesfälle folgen, Kinder mit 14 Jahren sterben innerhalb von 48 Stunden. Bucky’s Freundin Marcia kann ihn schließlich dazu überreden, zu ihr in ein Sommercamp zu kommen und dort die Aufsicht über eine Schwimmgruppe zu übernehmen. Doch kaum ist Mr. Cantor im Camp angelangt, treten dort die ersten Poliofälle auf … ist er womöglich der Bote des Todes? Philip Roth hat eine sehr spannende und tragische Geschichte geschrieben. Nicht nur, dass…

In dieser Welt garantiert der Anstand nicht den Erfolg
Zum Nachdenken / 4. Mai 2011

… Bereits im Prolog des Buches macht der Autor unmissverständlich klar – wer sich in diesem Buch Gerechtigkeit erhofft, wird enttäuscht werden. Denn – so Rudolf Taschner – Gerechtigkeit ist eine vom Menschen geschaffene Vorstellung des Zusammenlebens, der Verteilung. Die Natur selbst hat keine zielgerichteten Willen, ergo kümmert sie sich wenig um so ein schwer zu beschreibendes Gefühl wie Gerechtigkeit. „Die Natur ist nicht gerecht. Sie ist aber auch nicht ungerecht. Das wäre sie nur, wenn sie ungerechte Unterschiede schaffen WOLLTE.“ In 8 Kapiteln beleuchtet der Autor auf erfreulich einfache und allgemein verständliche Weise die Zusammenhänge von Gerechtigkeit und zeigt unter anderem auf, wie sehr sich dieser Begriff auch in den Jahrhunderten gewandelt hat. Gerechtigkeit unter den Geschlechtern, in den Generationen, im Geschäft, im Gesetz, im Gewissen … in alle diesen Verbindungen wird klar, was im Titel steht – Gerechtigkeit siegt – aber nur im Film. Das Buch wird jenen gefallen, die sich gerne mit Gesellschaftsfragen (und das ist eine!) auseinandersetzen. Es ist gut lesbar und bedarf weder großartiger Vorkenntnisse noch eines Mathematik-Studiums (auch wenn der Autor als brillianter Mathematiker berühmt ist). Dank der relativ kurzen „Geschichten“ innerhalb der einzelnen Kapitel ist es zudem sehr kurzweilig, regt zum Nachdenken an…